designerklaerer_logo_transparent

Folge 7: Was schätzt Du an der Gestaltung von Büchern, Julia Walch?

Folge 7 Buchgestaltung mit Julia Walch

Mit der Schriftsetzerin und Buchgestalterin Julia Walch spricht Christoph Luchs über Tradition und Moderne in der Herstellung von Büchern und Printmedien. Digitalisierung, Rationalisierung und neue Methoden haben das Design nachhaltig verändert. Hierdurch entstehen Chancen für heutige Gestalterinnen und Gestalter, aber auch kritische Fragen müssen an die Nachhaltigkeit von Büchern gestellt werden. Wie junge Menschen heute und in Zukunft ausgebildet werden, um Bücher zu designen oder zu verlegen, darüber berichtet Julia Walch aus ihrer langjährigen Praxis und Erfahrung in der Herstellung und Vermittlung von Printmedien.

Website von Julia Walch: [www.juliawalch.de](https://www.juliawalch.de)

Buchtipps:
Ian McEwan, Lektionen (Diogenes)
Sy Montgomery, Rendezvous mit einem Oktopus (auch Diogenes)
Andreas Gleich, Grenzerfahrung – Fluchtziel Europa – Eine Künstlermonografie (Eigenverlag)

Musik: Epidemicsound.com
ES_Counting the Days – Cody High
ES_Nagorno Mist – Vusal Zeinalov
ES_All Strings Attached – Jon Bjork
ES_Closed Book – Dream Cave
ES_The Road Less Travelled – Christoffer Moe Ditlevsen

Christoph Luchs: Herzlich willkommen zum Designerklärer, dem Podcast für hellwache Kreative. Heute unterhalte ich mich mit Julia Walch über die Gestaltung von Büchern. Mein Name ist Christoph Luchs.

Heute zum Podcast Designerklärer darf ich bei uns begrüßen: Julia Walch.

Julia Walch: Hallo, schönen guten Tag.

Christoph Luchs: Julia, magst Du Dich kurz vorstellen?

Julia Walch: Ja, ich bin ein Verlagsmensch und mache diesen Beruf seit vielen Jahren, seit vielen Jahren mit großer Begeisterung und immer wieder mit unterschiedlichen Schwerpunkten, die durch meine Aufträge entstehen, denn ich bin selbstständig seit 30 Jahren, aber auch natürlich davon geprägt sind, wie sich die Welt des Drucks und der Verlage verändert. Dadurch verändern sich natürlich auch meine Aufträge und meine Seminare, die sich aus dieser Arbeit ergeben.

Christoph Luchs: Das heißt, Du gestaltest Bücher, Du stellst Printmedien her und hast auch mit den Verlagen zu tun. Du berätst auch Verlage. Habe ich das richtig verstanden?

Julia Walch: Ja, also es ist eine sehr vielseitige Arbeit. Das ist das, was ich an meiner Selbstständigkeit so schätze, weil ich für verschiedene Verlage arbeite. Es können auch Museen sein. Es war auch schon mal ein Friseurgeschäft, das etwas gestaltet haben wollte, vom Flyer bis zum Rechnungsblock. Also im weitesten Sinne könnte ich sagen, alles das, was mit Schrift zu tun hat.

Denn inzwischen gehören da ja auch die eBooks dazu und die werden bekanntermaßen nicht gedruckt.

Christoph Luchs: Gehen wir mal einen Schritt zurück. Wo kommst Du denn her und wie bist Du in diesen Berufszweig und in diesen Aufgabenbereich eigentlich hineingekommen?

Julia Walch: Mein Traum als ich die Schule beendet habe, wäre gewesen, Abitur zu machen und Mathematik zu studieren. Das hat nicht funktioniert und deswegen habe ich dann eine Ausbildung gemacht. Und weil meine Eltern auch in diesem Bereich tätig sind, hat mich die Ausbildung in eine Setzerei getrieben damals. Das heißt, ich habe den Beruf von der handwerklichen Seite her gelernt.

Christoph Luchs: Was heißt damals.

Julia Walch: Damals heißt … Wann war das? 58, 68, 76! Also es ist doch schon ein kleines Weilchen her, und die Ausbildung erfolgte tatsächlich noch im Bleisatz, so dass ich da eine handwerklich richtig fundierte Ausbildung bekommen habe. Nach der Ausbildung war mir aber klar: Dort in der Setzerei oder in diesem Betrieb werde ich nicht bleiben. Das hatte verschiedene Gründe und so bin ich dann in einen Verlag gegangen und habe dort erst mal in der Herstellung angefangen und mir da sozusagen die Verlagssporen verdient, bevor ich dann von einer technischen Herstellung in einen Verlag gewechselt habe, wo dieser Technikbereich schon von der Gestaltung getrennt war.

Und da bin ich dann in die gestalterische Abteilung gegangen, um Entwürfe zu machen. Aber damals eben auch die Umbrüche noch per Papier richtig zu kleben, wie das damals noch so üblich gewesen ist.

Christoph Luchs: Wie muss man sich das damals vorstellen, oder wie das damals passiert ist? Wie habt ihr Bücher gestaltet, oder Printmedien? Heute sagen wir Printmedien. Damals hieß das noch wahrscheinlich Akzidenzen. Wie hat man das damals gestaltet, wie ist man da überhaupt rangegangen? Man hatte ja gar keinen Computer.

Julia Walch: Nein, das ist richtig. Das ist eine gute Frage. Und es kommt mir vor, wie aus einer anderen Welt. Die Entwürfe wurden tatsächlich noch mit Papier und Bleistift gemacht. Das heißt, man hat ein Scribble gemacht und dann hat man gerade so für einen Umschlag oder für eine Titelei, also für die ersten Seiten eines Buches, die Schrift so gezeichnet, wie sie dann hoffentlich auch gesetzt wurde.

Und dann bekam man für das ganze Buch, das nach dem Manuskript in der Setzerei erfasst wurde, Abzüge. Und die hat man dann auf Papier, auf das vorgefertigte Format, was man sich auch selber machen musste, aufgeklebt, Seite für Seite. Und wenn es ein Buch war mit Abbildungen oder auch Tabellen oder so was, saß man dann vor vielen Papierschnipsel irgendwann und hat versucht, die in die richtige Reihenfolge zu bringen.

Und das ging dann wieder in die Setzerei und wurde dort nachvollzogen. Erst auch im Bleisatz, Maschinensatz natürlich, damals, wenn es Fließtext war, aber auch wissenschaftlicher Satz war ganz lange wirklich noch Handarbeit, die ganzen Formeln zu setzen, Tabellen aufzubauen und sowas. Das war alles schon ziemlich aufwendig. Bis uns dann Anfang der 90er Jahre die Computer davon „erlöst“ haben. Erlösen jetzt wirklich in Anführungszeichen.

Ich mag Technik sehr, sehr gerne. Ich arbeite gerne mit Computern, bin auch immer an den Programmen dran, unterrichte das zum Teil auch, also gebe Workshops in InDesign zum Beispiel. Aber trotzdem bin ich heute froh, das Handwerk so gelernt zu haben. Stichwort Mikrotypographie wäre da zu nennen. Also den Satz so gut zu machen, dass er wirklich gut lesbar ist, dass derjenige sich nicht durch irgendwelche Bleiwüsten durchquälen muss, sondern wirklich mit Genuss sich auf den Text konzentrieren kann, auf den Inhalt.

Christoph Luchs: Apropos Mikrotypografie: Wenn ich in InDesign heute einen Text eingebe in einem Textrahmen, den einfach runter tippe, dann sorgt ein Algorithmus ja dafür, dass der Font, die Schrift, ordentlich dargestellt wird, dass die Abstände gut ausgeglichen werden. Das hat der Typograph oder die Typographin schon vorgesehen. Das Programm kann dazu noch einen optischen Zeichenausgleich machen. Und dann denke ich mir, dann ist doch eigentlich alles schon perfekt.

Wie kommt jetzt die Mikrotypografie ins Spiel? Was ist das genau? Was muss man sich vorstellen. Kannst Du ein Beispiel nennen?

Julia Walch: Hans Peter Willberg hat gesagt: „Mikrotypografie ist alles das, was kleiner ist als die Zeilen.“ Also alles das, was zwischen den Worten, zwischen den Buchstaben und den Wortabständen passiert. Das heißt, das ist jetzt nichts, was sich irgendwie jemand ausgedacht hat, sondern das ist ein über die Jahrhunderte gewachsene System, was der guten Lesbarkeit dient.
Da geht es um kurze und lange Striche, Gedankenstriche, Trennstriche, die Divis heißen, um Einzüge, um Auslassungspunkte, um Schrägstriche, um alles das, was eben mikroskopisch klein ist, aber trotzdem doch eine gute Lesbarkeit unterstützen kann.

Wahrscheinlich ist es so, dass man es erst merkt, wenn es nicht gut gemacht ist, weil man dann darüber stolpert oder das Gefühl hat: Boah, ist das anstrengend zu lesen oder es ist holprig oder die Wortabstände sind zu groß oder plötzlich zu klein. Also, dass der Rhythmus einfach nicht stimmt beim Lesen.
Das ist das, was ganz kurz gesagt, unter Mikrotypografie zu verstehen ist. Es gibt viele große, dicke Bücher darüber, wie da was zu machen ist. Zum Beispiel auch das Thema Zahlen, also eine Bankleitzahl. Wo müssen da kleine Abstände dazwischen, Angaben vor einem Datum, vor Postleitzahlen etc.. Das geht wirklich bis in die Feinheiten hinein.

Und es ist interessant und auch wirklich sinnvoll, sich damit zu beschäftigen, wenn man irgendwelche Texte veröffentlichen möchte und das nicht nur in Print-Produkten, sondern auch bei eBooks oder beim Internet. Auch da geht es um gute Lesbarkeit.

Christoph Luchs: Lesbarkeit hat in dem Sinne ja nicht nur was mit dem Textverständnis zu tun, dass Text gut formuliert ist, sondern auch gut gesetzt. Was denkst Du, ist der Kern, um einen Text gut zu setzen? Wie kann ich also in den Inhalt einsteigen? In welcher Form muss ich den Text präsentieren, darstellen, dass das Publikum, also derjenige Mensch, der den Text später liest, das auch nachvollziehen kann, was da vielleicht gemeint ist?

Wie kann man das mit dem Mittel der Typographie verbessern oder unterstützen? Mal ganz unabhängig davon, dass die Programme heute schon vieles von alleine machen, was früher im Bleisatz völlig undenkbar war und wo aber trotzdem der Algorithmus gar nicht mehr weiter kommen kann, weil dafür gar kein Algorithmus vorgesehen ist. Was kann die Typographie da tun?

Julia Walch: Ich denke, das hat verschiedene Ebenen. Das eine ist erst mal natürlich diese Mikrotypografie, über die wir gerade kurz gesprochen haben. Aber das andere ist auch die zum Inhalt passende Schrift zu wählen. Da gibt es ja Tausende und da die richtige zu wählen und damit professionell umzugehen, ist auch eigentlich eine Wissenschaft für sich. Es gibt viele Leute, die studieren das jahrelang und arbeiten sich langsam in dieses Thema ein.

Aber es hat natürlich auch was damit zu tun, wie das Verhältnis von Schriftgröße und Zeilenabstand und Zeilenbreite ist. Zum Beispiel weiß man, dass bei Fließtexten, also einem Roman, zum Beispiel einem Krimi, oder irgendwie so was, die Anzahl der Anschläge, das sind Buchstaben, Satzzeichen und Wortabstände pro Zeile, nicht mehr als 60 bis 80 Stück sein sollen, weil man sonst das nämlich nicht mehr mit der Augenbewegungen erfassen kann, sondern den Kopf dabei bewegen muss.

Das merkt man selber nicht, aber es macht das Lesen anstrengender. Und unter Umständen findet man den Zeilenanfang nicht wieder und denkt sich: „Ups, die Zeile hatte ich doch gerade schon mal!“
Also das sind alles so Parameter, von denen man was wissen muss. Und dann ist es so, dass immer irgendwo noch so durch die Fachwelt, durchaus auch durch die Fachwelt geistert, dass Schriften mit Serifen, also mit diesen kleinen Füßchen an den Buchstaben, besser lesbar sind als Schriften ohne Serifen, also Schriften ohne diese Füßchen und Striche.

Was aber erwiesenermaßen nicht so ist, denn es gibt Schriften mit Serifen, die sind ganz schlecht lesbar, sehr holprig und fördern die Lesbarkeit nicht. Und es gibt Schriften ohne Serifen, die sehr gut zu lesen sind. Also da gibt es viele andere Parameter, die der Lesbarkeit dienen.

Christoph Luchs: Hast Du eine Lesetypografie, eine Schrift, ein Font, der am besten aus Deiner Sicht lesbar ist oder eine der wenigen?

Julia Walch: Nein, kann ich so überhaupt nicht sagen, weil das erstens natürlich inhaltsabhängig ist und es ändern sich ja auch immer so ein bisschen, das kommt immer so in Wellen, der Zeitgeschmack. Wir haben in den letzten zehn, fünfzehn Jahren ganz häufig so in Zeitschriften und in Flyern und in der Werbung Schriften gesehen, die ganz fein und hauchdünn und ganz schmal sind und in dem Bereich sehr schick aussehen, aber natürlich für ein Buch überhaupt nicht in Frage kommen. Was dann auch wieder was damit zu tun hat, in welchem Medium das passiert. Ist es also ein Bildschirm oder lese ich auf Papier? Und was ist das dann für ein Papier? Was für eine Oberfläche hat das? Ist das eines, was reflektiert, wo ich dann ständig dabei bin, die Reflexe auszublenden, indem ich mit dem Buch hin und her laboriere? Oft ist das bei hochwertigen Zeitschriften der Fall. Oder ist es ein Buch, ein Papier, was angenehm in der Hand liegt, bei einem Roman, was ein bisschen weicher ist, was nicht so hart oder so steif oder fast widerspenstig ist? Also alles das sind Parameter, die das Lesen und das Wohlgefühl, mit einem Buch umzugehen, fördern können.

Christoph Luchs: Das klingt danach, dass man extrem viele Parameter miteinander in Einklang bringen muss. Ist das etwas, was Dir von Anfang an leicht fiel, weil das so komplex ist? Oder hat es Dich mehr herausgefordert?

Julia Walch: Es hat mich fasziniert. Je weiter ich da eingestiegen bin in dieses Thema. Erst in den Verlagen, in denen ich tätig war, dann auch in meiner Selbstständigkeit und natürlich dann auch in meiner Lehre und ich mich damit beschäftigt habe, desto komplexer wurde das eigentlich.

Meinen Azubis, die ich am Mediacampus in Seckbach, aber auch an der Uni in Frankfurt unterrichte, sage ich am Anfang immer: „Es sind mindestens fünf oder sechs Studiengänge, die man alle 3 bis 5 Jahre studieren könnte, um in jedes Fach wirklich tief einsteigen zu können.“

Und davon erreicht man als Selbstständiger, als jemand im Umgang damit, wirklich immer nur einen Teil des Ganzen.

Im Moment ist gerade das Thema Ökologie ganz stark. Was ist mit den Farben, mit den Druckfarben, mit dem Papier? Gibt es dafür einen Ersatz, der nicht so schädlich ist wie das, was wir jetzt im Moment haben? Das beschäftigt, glaube ich, im Moment die Branche sehr stark. Denn Druckfarben, die sind eigentlich wirklich schädlich, wenn man es genau betrachtet. Die basieren auf Mineralölen und das ist ja was, was man heute nicht nur einsparen möchte, sondern möglichst gar nicht mehr verwenden möchte. Da passiert im Moment wirklich ganz viel, auch Papieralternativen. Die Graspapiere sind im Moment ganz stark im Kommen. Also wenn man für einen ökologischen Garten einen Samen kauft, dann ist der inzwischen in einem Papiertütchen, was zu 100% aus Gras besteht. Und so etwas finde ich ganz interessant, ganz spannend. Es wird Hanf verwendet, es wird Stroh verwendet, es wird Bambus verwendet als zumindest teilweisen Ersatz für Holz, was sonst der Ausgangsstoff für die Papierherstellung ist.

Christoph Luchs: Kann man also sagen, wenn man nachhaltig ein Buch gestalten will, muss man hauptsächlich auf das Papier achten, weil man auf der Druckfarbe sowieso bestehen muss. Es gibt im Moment noch keine Alternative, das heißt, die reine Verarbeitung und das Papier an sich ist eigentlich dann der Faktor, an dem man einen ökologischen Fußabdruck bemessen muss.

Julia Walch: Jein. [lacht] Also es gibt ganz viele Parameter. Das fängt an bei der Papierherstellung, bei dem Prozess, da ist sehr viel Energie notwendig. Da gibt es inzwischen Firmen oder Produktionsbereiche, die da sehr gut schon drin sind, den Produktionsprozess sparsamer zu gestalten. Es geht aber auch in der Druckerei weiter, selbst wenn die noch keine Ökofarben verwenden, dass die sich zertifizieren lassen können. Dafür gibt es ein Siegel, was dann auch im Impressum eines Buches auftaucht. Aber das muss jedes Jahr neu wieder nachgewiesen werden, dass die Parameter eingehalten werden.

Da geht es auch zum Beispiel um solche Sachen, dass beim Drucken viel Papierstaub entsteht und dass der aus der Luft wieder entnommen wird und entsorgt wird, recycelt wird. Aber auch, dass die Wärme, die in diesen Produktionsbereichen entsteht, dass die für die Raumheizung wiederverwendet werden kann, dass es also möglichst geschlossene Kreisläufe sind. Und so kommt da ein kleines Steinchen zum anderen, das die Produktion schon seit vielen Jahren verbessert.

Aber im Moment habe ich so den Eindruck, dass es doch einen größeren Schritt geben wird in Richtung ökologische Farben und Papierproduktion und natürlich auch die Weiterverarbeitung in der Buchbinderei. Was werden dafür Leime verwendet? Was wird da für Material für den Einband verwendet etc. etc..

Also da gibt es ganz viele Aspekte, sicher auch ganz viele, mit denen ich mich jetzt noch nicht befasst habe. Aber ich bin mir sicher, wenn man aufmerksam diese ganzen Prozesse verfolgt und sich damit beschäftigt, sich dafür interessiert, dass das auch, dass man da immer tiefer eintauchen kann und das entsprechend dann auch mehr berücksichtigen kann.

Christoph Luchs: Die Buchbranche sieht von außen so aus, dass sie sehr träge ist oder die Innovationen in großen Zeitabständen stattfinden, zum Beispiel die automatisierte Verarbeitung, die buchbinderische Verarbeitung, wenn Bücher gebunden werden, dass das automatisiert passiert, dass da möglichst wenig Handarbeit passiert, aber auch die ökologischen Aspekte mit berücksichtigt werden, dass das immer so in zehn Jahres Zyklen passiert, vielleicht sogar noch länger. Ist das der Fall auch noch heute? Oder ist tatsächlich auch die Druckbranche und die Buchbranche insgesamt, ist ja auch schwierig festzustellen, wo endet eigentlich die Buchbranche und wo beginnt quasi die Druckindustrie? Dass man sagen kann, die Industrie ist heute unter diesem ökologischen Aspekt getrieben und reagiert auch schneller darauf? Siehst Du das so?

Julia Walch: Das, was ich sehe, ist, dass die Buchbranche, seitdem die Computer Einzug gehalten haben, also ich würd jetzt pauschal mal sagen, in großer Menge Einzug gehalten haben, so Anfang der 90er Jahre, dass die in einem rasanten und steten Wechsel ist. Das bezieht sich nicht nur auf die Verlage, sondern auf diese ganzen einzelnen Produktionsbereiche überhaupt. Wenn man mal schaut, Anfang der 90er, als ich auch noch in einem Verlag angestellt war, kamen dann plötzlich die Computer in die Verlage, erst mal in die Herstellungsabteilungen, weil man damit setzen und gestalten konnte ganz gut, später dann auch in die Redaktionen. Aber dieser Prozess hat dazu geführt, dass viele Hersteller, die vorher ihre Entwürfe wirklich noch mit Bleistift und Papier gemacht haben, plötzlich in der Lage waren, mit Gestaltungsprogrammen, damals war es noch Pagemaker, Gestaltung zu machen und das ganze Buch aufzubauen, sodass es plötzlich bis Mitte oder Ende der 90er Jahre ein großes Setzereisterben gegeben hat.

Wenn die nicht aufgepasst haben und sich nicht schnell genug umgestellt haben und auch noch andere Aspekte mit entwickelt und betreut haben, also sich ganz schnell verändert haben. Da sind ganz viele eingegangen. Das ging mit den Reproduktionsanstalten weiter, also mit den Firmen, die sich um die Darstellung und Qualität von Abbildungen kümmern, die heute nur noch ganz eingeschränkt zur Verfügung stehen, weil viele denken: „Jetzt habe ich einen Computer und einen Scanner, jetzt kann ich das fix selber machen“, was dann auch zu entsprechenden Qualität oder eben nicht Qualität führt. Aber es hat erst mal viele Firmen wirklich niedergemetzelt, kann man sagen.

Bei Druckereien war ein großes Problem, eigentlich auch bei Verlagen, Anfang der 90er zum Beispiel, auch die Wende, dass vieles einfach doppelt existierte, sowohl in den östlichen Bundesländern als auch in den westlichen Bundesländern. Dass sich da ein sehr großer Umbruch bemerkbar gemacht hat. Viele Firmen sind eingegangen, andere sind tatsächlich auch neu entstanden.

Also das ist eine Wechselwirkung, aber das war schon ein großes Sterben der Verlage und auch der produzierenden Betriebe in dieser Zeit.

Christoph Luchs: Das Sterben der Unternehmen und das Ausbleiben von Aufträgen in der Setzerei, weil einfach auch die DTP Programme, also Desktop Publishing, gerade angesagt war, Quarkxpress als Programm, war fast überall an Bord. Die Macs sind überall in die Büros eingezogen. Ich erinnere mich da noch an so eine schöne Anekdote, als Erik Spiekermann zum ersten Mal bei Meta Design einen Mac durch die Tür gebracht hat.

Vielleicht kurz zur Erklärung: Meta Design ist quasi über einer Setzerei entstanden und hat dort im Prinzip dann erst mal gearbeitet auf Papier, dann mit verschiedenen Maschinerien. Aber dort wurde auf viele Schriften, zum Beispiel auf Folie geschnitten. Das hatte Erik selbst auch so berichtet. Erst später kam dann der Mac und dann war er in Amerika, kam mit einem kleinen Mac nach Berlin und hat dort dann Illustrator drauf gehabt und man konnte mit Illustrator grafische Arbeiten, grafische Vectorarbeiten machen in wenigen Graustufen. Aber ich glaube, acht Graustufen waren möglich. Also der helle Wahnsinn zu der damaligen Zeit und alle waren völlig fasziniert. Aber das Problem war, wie kriegt man da jetzt was raus? Und dann hat man diesen ganzen Computer einfach ins Auto gepackt und dann zur Druckerei gefahren, damit man dort das Ganze auch ausbelichten kann. Das heißt, am Anfang gab es auch unglaubliche Hürden.

Man kann sich das aus heutiger Sicht eigentlich überhaupt nicht mehr vorstellen, was alles online geht? Aber die Druckerei-Industrie, aber auch die Herstellung, der Schriftsatz, DTP, die gesamte Buchgestaltung hat ja eine unglaubliche Wandlung in der Digitalisierung hinter sich.

Julia Walch: Ja, stimmt, wenn ich mich an die Anfänge entsinne. Ich habe meinen ersten Mac 1991 gekauft, da war das mit den Speichermedien tatsächlich ein großes Problem und ich habe viel mit Schulbuchverlagen gearbeitet. Einer davon saß in Berlin. Ich lebe in der Nähe von Frankfurt und dann mussten die Daten da irgendwie hin und her geschaufelt werden. Und damals gab es noch Cartridges, da passten ungefähr 24 Megabyte drauf.

Das heißt ein Buch mit Bilddaten, die in der vollen DPI Zahl gedruckt werden sollten, passte da gar nicht drauf. Das heißt man hat sich alle möglichen anderen Sachen überlegt, zum Beispiel die Bilder erst mal bloß proforma reinzustellen und dann hinterher zu ergänzen, damit die Datenmenge nicht zu groß war. Und damit ging man dann zur Post oder zu irgendeinem Kurierdienst, wenn’s eilig war und am nächsten Tag im Verlag sein sollte. Man hat also ein Päckchen mit 4, 5, 6, 7, 8 Cartridges abgegeben, eh dann die Datenmengen größer wurden. Andere Speichermedien kamen und irgendwann das Internet auch in der Lage war, größere Datenmengen störungsfrei zu übertragen. Ja, das stimmt. Das ist auch so ein Aspekt und eine rasante Veränderung der ganzen Prozesse.

Und das ist das, wo wir eben her gekommen waren, dass es immer lange dauert, ehe sich sowas ändert. Aber ich glaube, wenn man nicht bloß auf den äußeren Prozess und die Schritte, die dann entstehen, schaut, sondern auf die vielen kleinen Schritte, die da zwischendurch gemacht wurden, auch die vielen Programme, die da nötig waren. Mit Pagemaker angefangen, dann kam Quarkxpress, dann kam Anfang der 2000 Jahre InDesign mit dem Umfeld von Photoshop und Illustrator etc. und das entwickelt sich immer noch in rasender Geschwindigkeit.

Ich glaube, es gibt mindestens einmal im Jahr ein Update dieser ganzen Programme, wo sich auch immer was verändert. Nicht immer zum Besseren, aber meistens doch so, dass man wirklich gründlich sich wieder mit dem Programm auseinandersetzen muss. Also da ist, glaube ich, schon eine große Veränderung zu Gange und so sehe ich das eigentlich auch mit den Materialien, also mit Papier und Farbe und den dazu passenden Produktionsprozessen, die müssen ja auch darauf ausgerichtet werden, dass sich das in den nächsten Jahren deutlich verändern wird.

Christoph Luchs: Das heißt, wir haben in den letzten 30, 20 Jahren viele Veränderungen hinter uns und die nächsten Veränderungen stehen eigentlich an, also auch die Buchbranche hat insgesamt Veränderungen noch vor sich und ist in einem stetigen Wandel begriffen.

Julia Walch: Das denke ich auch, auch wenn man sich die Verlagsstrukturen anschaut, ist das aus meiner Sicht kein wirklich gutes homogenes Feld mehr. Es gibt viele, man könnte fast sagen Verlagskonzerne, die immer größer werden, die auch natürlich international agieren. Es sind viele Verlage auch in den letzten Jahren eingegangen, weil sie nicht mehr konkurrenzfähig waren. Das ist jetzt sehr salopp ausgedrückt.

Das ist eigentlich eine traurige Geschichte, finde ich. Aber es entstehen auch immer wieder neue und kleine Verlage, die eine Nische finden und da ganz tolle Produkte herstellen. Und die Verlagslandschaft und damit die Buchlandschaft natürlich bereichern.

[Musik]

Christoph Luchs: Julia, Du hast eben gerade den Stichpunkt der Buchprojekte genannt, Bücher, die von neuen Verlagen, von jungen Verlagen auch herauskommen oder auch Buchprojekte, die wirklich spannend sind aus Deiner Sicht. Was findest Du denn spannend? Kannst Du Beispiele nennen, wo es aus Deiner Sicht interessante Entwicklungen gibt in der Buchgestaltung, aber auch in der Herstellung von kleineren Verlagen? Oder auch welche Projekte hast Du konkret in Arbeit?

Julia Walch: Also was zusätzlich zu den kleinen Verlagen auffällt, ist, dass es, ich weiß nicht, ob das jetzt auch der Pandemie geschuldet ist, dass sich Menschen auch andere Bereiche innerhalb ihres eigenen Berufes gesucht haben, viele gibt, die das im Selfpublishing machen, die also Bücher selbst veröffentlichen, die zum Teil nicht wirklich gut gemacht sind, weil ein Computer alleine reicht dafür eben nicht aus.

Wir haben ja eben schon angesprochen, kurz, was alles dazugehört, um alleine eine gute Lesbarkeit zu erzeugen. Und da hat man noch nicht unbedingt ein interessant gestaltetes Buch oder die Inhalte so angeordnet, dass sie flüssig zu konsumieren sind, könnte man im weitesten Sinne sagen. Aber das ist mehr was, was mir aufgefallen ist in der letzten Zeit und ich habe vor einiger Zeit mit einer Architektin, die Bäder designt, gesprochen, die ein Bad-Buch schreibt. Nicht nur aus Architektursicht, sondern auch was es für Materialien gibt, in welcher Reihenfolge man was umsetzen muss etc. etc. Das ist noch im Entstehen. Und ein ganz interessantes, auch politisch sehr aktuelles Thema, was ich mit einem Künstler aus Wiesbaden, mit Andreas Gleich mache, der früher Bild und Journalist war, bei einer Zeitung zum Beispiel, bei dem Herrhausen dabei gewesen ist, aber auch beim Mauerfall als Journalist mit dabei war, der sich dann selbstständig gemacht hat als Künstler und ungeheuer vielfältige Sachen macht, also von freien Projekten über Malerei, über Kunst, über Objekte, über Installationen im freien Raum, in Städten oder so was und das meiste, oder man kann eigentlich alles sagen, mit einem politischen Bezug. Und er hat jetzt auch ein Buch geschrieben, und das heißt „Grenzerfahrung – Fluchtziel Europa“, bringt das im Eigenverlag heraus und beleuchtet da in einem ersten Teil mit Dokumentarfotos und journalistischen Texten die vielen Fluchtbewegungen, die wir in den letzten Jahren, letzten 10, 15, 20 Jahren erlebt haben. Sehr interessant und ist sogar Anfang des Jahres jetzt auch noch mal in der Ukraine gewesen, um da mit Menschen zu sprechen, wie es denen geht, was da passiert. Hat da noch mal ein Kapitel eingebaut und in einem zweiten Teil dann seine Kunst, die zu diesen Themen in den letzten Jahren entstanden ist. Also ein ganz interessantes Projekt, was ja jetzt im Dezember, wahrscheinlich erst Anfang/Mitte Januar, veröffentlichen wird.

Christoph Luchs: Und Du bist in der Gestaltung mit involviert.

Julia Walch: Ja, also ich betreue den ganzen herstellerischen Prozess und bin bei die Gestaltung, man könnte sagen, wir machen sie gemeinsam, weil ich habe natürlich Schwerpunkt Schrift und Seitenaufbau und so was. Aber er hat durch seine Kunst natürlich auch einen Bezug zu Räumen und zu Gestaltung, sodass ich das Buch erst mal so aufgebaut habe, dass alles inhaltlich an der richtigen Stelle stand. Und dann haben wir uns daran gesetzt und haben geschaut, wo liegen die Schwerpunkte? Welches Bild sollte man größer machen? Wo stört sich ein Bild mit einem anderen, dass man da noch mal schaut? Oder wo kann ein Bild mal über zwei Seiten gehen? Über eine Doppelseite, weil es so eindrucksvoll ist? Also alles das ist dann in einem gemeinsamen Prozess entstanden.

Christoph Luchs: Und wie gehst Du typografisch an diese Aufgabe, an das Thema heran?

Julia Walch: Also ich schaue erst mal in welche Richtung, bei diesem Buch zum Beispiel, ist die Kunst, ist das was Klassisches oder ist das was Modernes? Ist das etwas, wo viele Texte gelesen werden? Dass ich also einen großen Wert darauf lege, dass das eine gut lesbare Schrift ist, dass der Satzspiegel entsprechend ist? Das wird einen Bildband, der ist 23 mal 28 Zentimeter groß.

Da kann ich natürlich nicht den Satzspiegel über die ganze Breite machen. Das funktioniert einfach nicht für die Lesbarkeit. Da finde ich die Zeilen nicht wieder. Die Zeilen sind viel zu lang, es ermüdet viel zu schnell und deswegen habe ich mich für einen schmaleren Seitenspiegel entschieden. Trotzdem für eine Schrift in diesem Falle ohne Serifen. Also ich habe mich für die Futura entschieden, nachdem wir verschiedene ausprobiert hatten, auch in verschiedenen Größen und mit verschiedenen Zeilenabständen, weil das verändert jedes mal den Gesamteindruck von so einer Seite.

Wir sprechen da von dem Grauwert einer Seite. Also wenn ich das Buch aufschlage, erscheint es mir hell oder dunkel, schwer oder leicht. So was kann ich mit diesen ganzen Parametern ja beeinflussen. Und so haben wir uns da, man könnte sagen, gemeinsam herangearbeitet. Von mir kamen so die Vorschläge, wie man damit umgehen kann und dann haben wir gemeinsam geschaut, geht das jetzt in die richtige Richtung und haben dann so Schritt für Schritt da dran weitergearbeitet. Das war ein längerer Prozess, aber natürlich auch inhaltlich, weil das ja ein Thema ist, was sich im Moment immer noch weiterentwickelt. Wir wissen von den ganzen Krisen um uns herum und die beeinflussen so eine Entstehung, so einen Prozess, die Inhalte natürlich auch.

Christoph Luchs: Wann entsteht in so einem Prozess das Cover? Ist das das Erste, was man entwickelt? Passiert das mittendrin, hat man dann plötzlich eine Idee. „Oh, jetzt habe ich mit dem Inhalt schon einige Kapitel beschäftigt.“ Einige Seiten sind gestaltet oder Seitenstrecken konzipiert und dann hat man plötzlich ’ne Idee fürs Cover. Oder wann passiert das am besten aus Dein er Sicht?

Julia Walch: Die schlechteste Variante ist eigentlich die, die leider Gottes in vielen großen Verlagen gemacht werden muss. Kann man ruhig sagen, weil das einfach dem Vertriebsprozess geschuldet ist in diesen Verlagen. Das heißt, das Cover entsteht oft in anderen Abteilungen, in Agenturen oder so, bevor der Inhalt überhaupt gestalterisch bearbeitet wird. Inhaltlich ist das Buch hoffentlich dann schon fertig.

Christoph Luchs: Das heißt das Cover entsteht weit vor dem Inhalt?

Julia Walch: Ja. Sehr, sehr lange vorher, weil damit geworben wird, weil das in die Medien aufgenommen wird und weil es auf Messen da sein soll, weil Flyer oder Prospekte gestaltet werden etc. Sodass dann diejenigen, die die Innengestaltung machen, manchmal sagen: „Na ja, so richtig zum Passen kriegen wir das nicht. Wir müssen uns jetzt entscheiden. Mal machen wir einfach das Innere des Buches komplett und den Umschlag dann einfach drum.“ Weil Umschlag ist natürlich auch Werbefläche, ist ein Verkaufsargument, soll in den Buchhandlungen auffallen, soll den Inhalt repräsentieren, also hat sehr viele Aufgaben. Aber manchmal passt es eben nicht zu einer gut lesbaren inhaltlichen Schrift. Aber es gibt auch immer wieder Verlage, die das parallel entstehen lassen. Bei diesem Buch ist es jetzt so gewesen, dass wir das jetzt fast zum Schluss gemacht haben als letzten Schritt, obwohl wir zwischendurch schon auch immer mal überlegt haben, welches Bild kommt denn dafür in Frage? Aber es war jetzt tatsächlich die Entscheidung, das ganz als letztes zu machen, weil wir erst mal ein Gefühl für das gesamte Buch bekommen wollten, um dann zu sehen, welcher Aspekt ist jetzt der wichtige? Denn es hat schon einen sehr starken Bezug auch von ihm. Er ist der Künstler, es sind dann seine künstlerische Werke. Es ist seine Lebenszeit, die er jetzt da reingesteckt hat in seine Kunst und auch in das Buch. Und da sollte es ihn natürlich auch repräsentieren. Und deswegen haben wir uns jetzt entschieden, eines seiner Bilder, die er für eine Ausstellung gemacht hat, auf den Umschlag zu nehmen.

Christoph Luchs: Ist das etwas, das grundsätzlich Kunst mit Büchern am besten zu dokumentieren ist? Dass also diese beiden, ja, Vertretungen im medialen Bereich die bildende Kunst und die Buchwelt, das die am besten zusammenpassen?

Julia Walch: Nein, das würde ich so nicht sagen. Es gibt ganz viele Möglichkeiten, sich mit Kunst zu befassen oder Kunst in den öffentlichen Raum oder in die Öffentlichkeit zu bringen. Das können Ausstellungen sein, das können Figuren oder Projekte sein, die in einem Park stehen oder die im öffentlichen Raum stehen, auf dem Marktplatz oder in Museen. Also da es ganz viele Möglichkeiten.

Ich denke, auch, das Internet kann eine Möglichkeit sein, so etwas darzustellen. Das kommt drauf an, was das für ein Inhalt ist und sicher auch, welche Zielgruppe ich habe. Das heißt also, wer sollte darüber stolpern? Wer mag sich damit befassen? Wer nimmt das wahr? Wer interessiert sich dafür? Das ist bei der Kunst genauso wie bei einem Buch. Für wen mache ich dieses Buch?

Wer interessiert sich für den Inhalt? Wie muss ich den darstellen? Was darf der kosten? Alles das sollte man von Anfang an im Auge behalten.

Christoph Luchs: Kommen wir noch mal auf den Begriff Eigenverlag zurück. Selfpublishing heißt das neudeutsche Pendant dazu.Viele, die ein Buch schreiben wollen und keinen Verlag finden, denen steht dieses Selfpublishing offen. Es gibt viele Angebote. Books on Demand ist eins davon. Das heißt, ich bin selbst Autor, Verleger in einer Person, schreibe mein Buch, egal, ob das gut ist oder nicht. Also ich finde, es ist wichtig, dass ich jetzt ein Buch schreibe und das muss jetzt in die Welt getragen werden. Also produziere ich dieses Buch in diesem Druckverfahren und dann schicke ich da einfach eine Word Datei hin. Ist es nicht eigentlich eine Katastrophe für die Buchindustrie? Blutet Dir da nicht als Gestalterin das Herz?

Julia Walch: Das ist wieder so eine Frage, die ganz viele Ebenen hat und ganz vielschichtig ist. Es entstehen natürlich dabei sehr gute Bücher, sehr interessante Bücher, wo Autoren und Autorinnen auch keinen Verlag einfach finden und sagen: „Das ist trotzdem wichtig. Ich möchte, dass das veröffentlicht wird“, und es dann möglichst dankenswerterweise selbst in die Hand nehmen. Und es gibt ja inzwischen sehr viele Wege, wo auch schon Sachen vor angegeben sind, wo man aber trotzdem verschiedene Papiere auswählen kann, verschiedene Bindearten auswählen kann.

Das ist heute überhaupt kein Problem mehr. Auch der Digitaldruck wird deutlich besser. Also bis vor fünf Jahren hätte ich noch gesagt: „Na ja, ein Buch mit Bildern, lieber nicht digital drucken.“ Heute gibt es da sehr gute Maschinen. Nicht alle, aber es gibt sie, wo man sagen kann: „Ja, durchaus konkurrenzfähig.“ Das heißt, man kann es wirklich auch in kleinen Auflagen machen.

Man kann es relativ schnell nachdrucken, wenn die Auflage sich wirklich gut verkauft. Also da gibt es ganz viele Wege, ganz viele Möglichkeiten. Und ich denke, da ist die Verlagsbranche wirklich gefordert, diese Autoren auch zu finden. Also sich nicht hinzusetzen und zu sagen: „Wir nehmen jetzt bloß die Großen mit den garantierten Auflagen“, sondern sich wirklich auch um diese Kleineren zu kümmern.

Aber viele Autoren stellen sich das auch zu einfach vor. Es reicht eben nicht, ein Word-Programm zu haben, das wird es schon selbst korrigieren. Und auf die Seite passt es auch irgendwie drauf, sondern ja, wir haben ja vorhin schon gesagt, was man alles dabei bedenken kann, bedenken sollte, um es gut konsumierbar zu machen und da hapert es doch manchmal wirklich sehr.

Also es ist ja nicht nur die Gestaltung, die dazugehört, sondern auch das Korrekturlesen, das Lektorieren, Schauen, dass die inhaltlichen Strukturen passen, dass die Abläufe sinnvoll sind, dass nicht der Text vom Montag anders klingt als der vom Dienstag, dass die Abbildungen dabei sind, dass Rechte eingehalten werden, Bildrechte. Man kann auch nicht jede Schrift einfach veröffentlichen. Auch Schriften, wenn man etwas veröffentlicht, müssen gekauft werden, dann müssen die Rechte dafür erworben werden.

Und auch im Umgang mit Schriften, es fängt schon damit an, wenn man sich irgendeinen Free Fund aus dem Internet runterlädt, dann ist das vielleicht für eine private Einladung eine ganz nette Sache und kann problemlos gemacht werden. Aber damit dann ein Buch zu veröffentlichen ist noch mal eine ganz andere Ebene, sowohl rechtlich als auch zum Beispiel von den Schriftschnitten.

Ganz viele Schriften haben dann keinen kursiven oder keinen fetten Schnitt. Das kennt ja jeder, der mit dem Programm arbeitet, diese Begriffe, sondern das wird dann einfach vom Programm gesteuert. Wenn ich auf den Button I für Italic drücke, dann stellt das Programm die Schrift eben schräg, kommt was ganz Schräges, Unlesbares dabei raus, sollte man tunlichst lassen. Und da ist man dann eben gut beraten, wenn man eine Schrift kauft, die von professionellen Firmen vertrieben werden, damit erstens die Rechte stimmen und damit die Schrift wirklich gut ausgebaut oder aufgebaut ist.

Außerdem muss man natürlich bedenken, wenn man das Ganze dann als eBook erscheinen lässt oder vielleicht auch irgendwie ins Internet stellen möchte oder sowas, dass da noch mal getrennt Rechte dafür erworben werden müssen. Das kann richtig ins Geld gehen. Also bei eBooks oder überhaupt bei digitalen Medien muss man vorher abschätzen, wie oft wird denn das runtergeladen, wie oft wird das benutzt und danach wird dann berechnet, wie viel ich dafür zahlen muss.

Auch für Bildrechte gilt genau das Gleiche. Oder Texte, die ich zitiere von anderen Autorinnen und Autoren. Also das ist alles nicht ganz so einfach, wie man sich das vorstellt, wenn man vielleicht noch nichts damit zu tun hatte.

Christoph Luchs: Also Vorsicht vor dem schnellen und verlockenden Weg des Selfpublishing, wenn ich sage: „Ich habe eigentlich noch nie ein Buch veröffentlicht“ und ich meine, ich muss jetzt unbedingt meine Geschichte niederschreiben oder auch gestalten, dass man auch viele juristische Aspekte beachten sollte. Ich habe zwei Beispiele von Gestalterinnen und Gestaltern erlebt, die sehr gut funktioniert haben und wo ich im Nachhinein gedacht habe: „Mensch, da hätte ich auch selber drauf kommen können.“

Und zwar das erste Buch „Agiles Publishing“ von Georg Obermayer und weiteren Partnerinnen und Partnern, die das Thema Publishing im weitestgehenden Sinne im Digitalen beleuchtet haben. Und dieses Buch haben sie komplett selber aufgelegt. Aber das ist teuer. Auch ein sehr hochwertiges, farbig gedrucktes und wirklich hochqualitativ hergestelltes Buch, wie dieses Buch, haben sie sich kofinanziert über eine Spendenkampagne. Das heißt, sie haben ein Indiegogo Projekt auf dieser Plattform Indiegogo eingestellt und damit erst einmal Geld einzusammeln. Allerdings waren sie auch vorher nicht ganz unbekannt, das heißt, sie haben in ihren Communities natürlich auch gesammelt, um das Buchprojekt co zu finanzieren. Das heißt nicht, dass sie komplett damit bei Null rausgegangen sind. Aber sie hatten eine Anschubfinanzierung, das heißt, wie ein kleines Startup mit dem Ziel, ein Buch zu produzieren. Weil ein Buch kann ja schon mal ins Geld gehen.

Also ein hochqualitatives Buch, egal in welchem Format und in welcher Dicke, kann man durchaus sagen, pro Exemplar kostet das schon mal 10 bis 20 Euro und wenn ich davon 100 bis 1000 Stück brauche, kann man sich ausrechnen, wie viel Geld man auf den Tisch legen muss, nur damit es gedruckt ist. Es ist noch nicht geschrieben. Es ist noch nicht juristisch geprüft. Es sind noch keine Bilder entstanden, es hat noch kein Cover, kein Umschlag, es ist überhaupt noch nicht vertrieben, es wurde keine Werbung gemacht. All diese Aspekte gehören ja auch dazu und das kann man schnell bei diesem Thema Selfpublishing übersehen.

Das zweite Beispiel: Wolfram Nagel, einer unserer Podcast-Interviewpartner zum Thema UX/UI, hat auch ein Buch geschrieben zum Thema Multi Screen. Das heißt in seinen Studien hat er sich mit diesem Thema Multi Screen beschäftigt und da er kein Buch gefunden hat, hat er selber einfach eins geschrieben. Da er selber auch Gestalter ist, hat er es gleich mitgestaltet und insofern war ganz klar, was er an Quellen herausgebracht hat, hat er dort benannt, hat das Buch in kleiner Auflage in einer ersten Auflage gedruckt und heute hat er ein amerikanisches Buch, also quasi das ganze in Englisch produziert, sodass er es halt auch hauptsächlich in Amerika verkaufen kann.

Und das ist natürlich dann der Schlüssel, die Tür zum internationalen Publishing.

Julia Walch: Ja, es gibt beeindruckende Beispiele, aber es gibt auch aus meiner Sicht viele beeindruckende Menschen, die durch diese Möglichkeiten, die es da gibt, plötzlich auch Sachen erschaffen, die viel breiter angelegt sind. Also es hat, ich glaube, es ist zehn Jahre her oder so, ein Buch gegeben, was auch bei der Stiftung Buchkunst bei den schönsten Büchern mit ausgezeichnet worden ist, von der Judith Schalansky im Insel Verlag, damals erschienen. Und die hat das Buch selbst geschrieben, die hat die Illustrationen selber gemacht, und sie hat das selbst gestaltet und auch Einfluss darauf genommen, wie es gebunden wird. Das ist ein Halbleinenband und mit welchen Farben und Materialien, ein sehr hochwertig und teuer gemachtes Buch, was mehrere Auflagen tatsächlich auch erlebt hat. Also ich glaube, da sind die technischen Möglichkeiten, die jedem zur Verfügung stehen wirklich auch ein Segen, dass man das machen kann, dass man sie dafür nutzen kann.

Christoph Luchs: Judith Schalansky hat auch das Buch „Der Hals der Giraffe“ rausgebracht. Ich glaube, das wurde auch ausgezeichnet. Kurz danach oder zwei Jahre danach und war auch deutlich noch erfolgreicher. Ich glaube, es ware wirklich überall zu sehen, auch mit entsprechenden Auszeichnungen. Ist das wirklich so ein Schlüssel, dass Bücher auch ausgezeichnet werden müssen, damit sie gut verkaufbar sind? Besonders Bücher, die vielleicht jetzt nicht so eine ganz große Breite ansprechen, thematisch oder jetzt kein Groschenroman sind oder von der nächsten Urlaubsgeschichte erzählen, sondern etwas spezieller sind.

Brauchen die solche Preise, solche Hervorhebungen im Markt?

Julia Walch: Also es kennt ja jeder die Spiegel Liste oder irgendwie so was, wo es dann um Inhalte von Büchern geht, die das schon pushen und den Verkauf fördern. Bei der Stiftung Buchkunst ist das bis jetzt noch nicht wirklich geschafft worden. Dass die das befördern, also die Buchhandlungen, glaube ich, wissen auch oft nichts mit diesem Preis anzufangen. Und deswegen landen solche Bücher dann eben nicht auf diesem Verkaufstisch, der ganz vorne steht, wo dann der ganze Stapel Bücher liegt und die Käufer eigentlich durch Zufall drüber stolpern und denken: „Ach, ist ja interessant.“Und dann vielleicht doch kaufen. So eine breite Wirkung hat das interessanterweise noch nicht, obwohl das Börsenblatt und der Börsenverein sich ja auch sehr darum bemühen, das dann zu publizieren und publik zu machen. Aber das bleibt zum Teil immer noch ein bisschen in der Verlags- und Buchwelt hängen. Aber ein ganz interessanter Wettbewerb mit in jedem Jahr wirklich toll gemachten und inhaltlich sehr spannenden Büchern.

Christoph Luchs: In diesem Wettbewerb warst Du ja auch schon mal mit Jurymitglied. Wie war das? Wie seid ihr da vorgegangen? Was war da Dein Kriterium in der Auswahl, wonach ein Buch erwähnenswert ist?

Julia Walch: Also der Wettbewerb hat sich vor einigen Jahren ein bisschen geändert, ein bisschen anders aufgestellt. Es gibt andere Einreichkriterien und andere Auswahlverfahren. Als ich dabei war, gab es eine erste und eine zweite Jury. Die erste Jury hat drei Tage getagt, von morgens bis nachts.War in drei Gruppen aufgeteilt, so ein bisschen auch nach fachlicher Kompetenz.

Und es wurden damals so um die 1.000 Bücher, zwischen 900 und 1.000 Bücher eingereicht, so dass man also in den drei Tagen um die 300 Bücher sich angeschaut hat. Und nach dem ersten Tag habe ich dann immer gedacht, das ist nie zu schaffen, weil man dann doch sehr genau hinguckt. Aber man entwickelt einen Blick dafür. Welches Buch ist so gemacht, dass es den Inhalt wirklich gut repräsentiert? Welches Buch hat eine gute Schrift, eine gute Gestaltung, einen stringenten Aufbau etc. etc. Also alles, was da so dazugehört und dann geht es doch etwas zügiger im zweiten und dritten Tag. Aber es ist wirklich anstrengend. Und bei der Gelegenheit wurde dann ungefähr 1/3 der Bücher ausgewählt, die dann an die nächste Jury weitergereicht wurden. Und da haben sich dann alle Juroren noch mal damit befasst.

In der ersten Jury war interessanterweise auch immer noch ein Kollege aus einer Buchbinderei dabei, weil zu beurteilen, was funktioniert in dem Buch oder was funktioniert nicht und warum? Und ist das jetzt ein K.O. Argument, um das Buch nicht weiterzureichen? Weil es geht da ja nicht bloß um das schönste Buch im Sinne von Gestaltung, sondern auch um stimmige Materialien, um interessante Materialien. Und auch ist es gut gedruckt und gebunden und so was. Darum geht es heute auch immer noch. Aber wie gesagt, die Strukturen sind ein bisschen anders und die zweite Jury hat das dann so ausgewählt, dass am Ende für jeden Sachbereich, also Fachbuch, Sachbuch, Schulbuch, Belletristik, und so weiter, weil das kann man ja nicht über einen Leisten scheren, dass dann die entsprechende Anzahl der Bücher am Ende übrig blieb.

Und interessant ist dann auch, dass es ja nicht bloß den deutschen Wettbewerb gibt, sondern dass es viele Länder gibt, die so einen Wettbewerb haben und dafür gibt es dann einen internationalen Wettbewerb auch noch mal und das wird jeweils auf der Frühjahrs- bzw. Herbstmesse dann auch präsentiert. Kann man sich da anschauen. Gibt auch Ausstellungen und Veranstaltungen dazu, zu diesem Thema. Eine ganz spannende Sache.

Für mich sehr bereichernd. Einmal wegen der vielen guten Sachen, die man da gesehen hat. Es gab natürlich auch Bücher, die waren ganz schnell anzusehen, die war einfach nicht so, dass man sie hätte weiterreichen wollen oder können. Aber auch interessant durch die vielen Gespräche am Rande mit den Kolleginnen und Kollegen, die dann dabei waren, die aus den verschiedensten Bereichen kamen, also aus Verlagen selbst oder Selbstständigkeit aus verschiedenen Gegenden.

Also das war schon immer eine sehr interessante Zeit. Ja, kann man so sagen. Hat viel Spaß gemacht.

Christoph Luchs: Über 1.000 Bücher in drei Tagen, das klingt wie eine Mappenauswahl an der Universität der Künste in Berlin zu jedem Studiengang. Aber noch mal eine Frage zurück. Man kennt es eigentlich aus Design Wettbewerben, dass Design Beiträge so gestaltet sind, dass sie genau darauf abzielen, einen Preis zu gewinnen. Es hat eigentlich gar nicht so viel mit der Form und mit der Funktion zu tun. Und dem Kunden war es vielleicht im besten Falle egal, ob das Design so ausgefallen ist, wie es ausgefallen ist. Aber die Einreichung hat schon viel damit zu tun, wonach nach welchen Kriterien der Design Preis ausgelobt wird und dass quasi der Entwurf genau auf diesen Wettbewerb abzielt. Ist es bei solchen Preisen, wie bei der Stiftung Buchkunst, auch der Fall?

Hast Du da den Eindruck gewonnen oder ist das tatsächlich einfach nur aus dem Umgang, dass man sich mit einem Buch sehr intensiv auch gestalterisch beschäftigt, auch als Verlag ein Anspruch daran hat, diese Gestaltung auch zu verwirklichen und vielleicht auch mal einmal im Jahr so ein Leuchtturmprojekt quasi umzusetzen. Wie siehst Du das?

Julia Walch: Also ich denke, dass es nicht so ausgeprägt ist. Aber es gibt sicher oft die Entscheidung, dass man sagt: „Mensch, da entwickelt sich gerade ein ganz tolles Buch. Dann statten wir das vielleicht noch ein bisschen aufwändiger aus“, oder irgendwie so, es nimmt vielleicht doch noch mal ein anderes Papier oder ein anderes Leinen. Ich entsinne mich an eine Diskussion bei dem „Hals der Giraffe“, von dem Buch, über das wir eben schon gesprochen haben.

Da hatte die Judith Schalansky bei der ersten Auflage einen sehr grobes Leinen ausgesucht, wo dann die Abbildung und der Text, die Schrift, drauf geprägt worden ist. Und dann gab es das bei der Nachauflage nicht in dem Umfang, in dem das benötigt wurde. Und das war dann schon eine längere Diskussion, ob man jetzt davon abweicht oder nicht. Also insofern denke ich schon, kann das ein Blickwinkel mit sein, aber es ist bestimmt kein Schwerpunkt und nicht das alleinige Argument.

Das ganz sicher nicht. Es geht wirklich darum, dass die Verlage gucken, was haben wir denn in diesem Jahr überhaupt produziert? Es muss auch schwerpunktmäßig im deutschen Raum umgesetzt worden sein und produziert worden sein. Und dann wird dieses Buch oder werden mehrere Bücher eingereicht.

[Musik]

Christoph Luchs: Julia, Du bildest auch aus, Du unterrichtest, was konkret unterrichtest Du und wo? Ich glaube in Frankfurt und in Leipzig.

Julia Walch: Also in Leipzig, das ist allerdings schon ein paar Jahre her, war ich an der HTWK. Das ist die Hochschule für Wirtschaft und Kultur, wo auch Verlagsleute ausgebildet werden im weitesten Sinne. Der Studiengang heißt auch immer mal wieder anders. Die passen sich dann auch an die Gegebenheiten und an die Inhalte natürlich auch an und da waren es tatsächlich Verlagshersteller, bei denen ich Verlagsherstellung und Gestaltung unterrichtet habe.

Das habe ich aber bloß mit einer viertel Professur gemacht und habe das dann, weil ich gemerkt habe, parallel zu meinen sonstigen Aufträgen funktioniert das nicht so gut, habe ich das dann nach zwei Jahren wieder aufgeben müssen, weil es keine Chance gab, dass sich das irgendwie so erweitert, dass es als Job gedient hätte.

Was ich im Moment in Frankfurt mache, ist am Mediacampus, dass ich Buchhändler unterrichte, weil es für Buchhändlerinnen und Buchhändler natürlich auch interessant ist, nicht nur, was ist der Inhalt dieses Buches, sondern wie entsteht das Buch überhaupt? Wie sieht das aus? Was hat das für eine Bedeutung? Was für Materialien hat es? Warum gibt es immer erst einen Hardcover und dann im darauffolgenden Jahr eine Broschur? Oder wonach entscheiden die Verlage das? Was hat das mit den Produktionsprozessen und den Preisen und der Gestaltung zu tun?

Und das ist so der eine Bereich und der andere Bereich ist an der Schule. Dort werden auch Medienkaufleute unterrichtet und die haben natürlich deutlich mehr Unterricht in der Richtung, die sind in der Mittelstufe und in der Oberstufe dort. Der Mediacampus ist, wie der Name schon sagt, ein Campus, wo die Azubis dann immer neun Wochen komplett sind. Die wohnen dort, die leben dort, die werden dort unterrichtet. Und in diesen neun Wochen haben die Medienkaufleute in der mittleren Stufe 29 Stunden Unterricht plus etwas InDesign, Grundlagenlehrgang und in der Oberstufe sind es dann noch mal 19 Stunden. Da geht es dann hauptsächlich um Papierberechnung und Kalkulation, um eBookproduktion und solche Themen und einen Tag Photoshop-Unterricht, den sie dann noch dazu kriegen.

Und das ist so der eine Bereich und das andere, was ich erst seit diesem Wintersemester mache, ist ein ganz interessantes berufsbegleitendes oder studienbegleitendes Orientierungsstudium. Das ist an der Goethe Universität in Frankfurt und das ist angegliedert an das Institut für deutsche Literatur und ihre Didaktik. Und das ist der Fachbereich Buch und Medien-Praxis. Und das ist, wie gesagt ein berufsbegleitendes Studium.

Und diese Menschen bewundere ich wirklich. Die haben einen vollen Job oder studieren und sind dann dreimal in der Woche abends von 18 bis 21:30 Uhr da und bekommen da in diesem einen Jahr, also in den zwei Semestern, ganz viele interessante Themen geboten von Leuten, die da aus der Praxis sind. Das ist zum Beispiel Hörfunkredaktion oder auch Lektorat, Literaturkritik, Buchgestaltung, Fernsehredaktion, Onlinejournalismus, Ausstellungskonzeption und Museumstheorie, Kulturmanagement, und so weiter und so weiter. Das dient also zur Orientierung. Was gibt es in diesem ganzen Medienbereich für Schwerpunkte und was würde mich daran interessieren? Und in dem Bereich geht es bei mir um den technischen und gestalterischen Aspekt von Buchgestaltung. Und die Uta Schneider, eine Kollegin von mir, die früher auch Geschäftsführerin der Stiftung Buchkunst ist und seit vielen Jahren als freie Buchkünstlerin lebt in Offenbach, die unterrichtet Buchdesign, kümmert sich viel um Buchumschläge, wie die entstehen, was es da alles gibt.

Und wir haben jetzt ein gemeinsames Projekt, was die Teilnehmerinnen und Teilnehmer dann als Abschlussprojekt gestalten sollen. Das sind 16 Texte von ausländischen Mitbürgern, die darüber geschrieben haben, wie sie hier im Land aufgenommen worden sind, angekommen sind, was für sie die Schwerpunkte sind. Und das wird in einer Arbeit umgesetzt jetzt.

Christoph Luchs: Klingt sehr spannend. Darauf dürfen wir uns hoffentlich freuen. Und dann auch bald die Ergebnisse mal sehen.

Julia Walch: Ende Januar ist Präsentation, da müssen sie fertig sein. Ich bin auch sehr gespannt, was da so alles entsteht. Das ist meistens sehr, sehr viel seitig, weil die Teilnehmerinnen und Teilnehmer natürlich aus den verschiedensten Richtungen kommen. Also die haben ja nicht irgendwie Gestaltung, Design oder irgendwie so was studiert, sondern sind vielleicht Lehrer oder machen gerade ein Studium der Sprachen oder irgendwie so was. Es ist sehr, sehr vielseitig.

Christoph Luchs: Wenn Du den Vergleich ziehst zwischen Deinen verschiedenen Engagements im Unterricht, wer beschäftigt sich denn mit Büchern? Wer möchte das gerne freiwillig noch tun? Was macht das mit jungen Menschen beispielsweise? Ich habe häufig die Beobachtung, dass sich junge Menschen mit Büchern ab einem gewissen Alter überhaupt nicht mehr beschäftigen. „Ach nee, das ist ’n Buch. Das muss ich mir ja viel zu lange durchlesen. Ich gucke mir lieber ein Video an, wo das drin erklärt ist, was drinsteht. Das reicht ja, oder ich hol mir ne App, die das in diesen berühmten 15 Minuten zusammenfasst, was dann in einem gesamten Fachbuch von 500 Seiten steht, das reicht mir ja, das ist für mich kompakt genug, um die Essenz zu haben. Ich brauche gar nicht den Autoren lesen.“

Ist das eigentlich eine Einstellung, die dann auch bei diesen jungen Menschen bei Dir im Unterricht ist, oder was beobachtest Du da generell?

Julia Walch: Also bei den Auszubildenden, die Buchhändler werden, steht natürlich immer der Inhalt im Vordergrund und ich bin immer wieder begeistert, gerade wenn ich im Sommer da bin. Das ist ein sehr großes Gelände mit vielen Möglichkeiten, auch auf der Wiese zu sitzen oder auf Bänken da zu sitzen. Die stehen und liegen und sitzen mehr oder weniger in jeder Pause und den ganzen Tag da und lesen. Das ist sehr schön zu beobachten. Und die meisten sagen auch, wenn ich frage, warum denn Buchhändler, dass sie dann sagen: „Na ja, weil ich mich für die Inhalte interessiere, weil ich schon immer gerne gelesen habe und gerne auch Bücher in der Hand habe.“ Und diesen jungen Menschen dann so das Zusätzliche, das Objekt des Buches, die Materialien, wie sich das anfühlt, was das auch mit einem noch machen kann, zusätzlich zu dem Inhalt, was das für Auswirkungen auch auf den Inhalt haben kann, das ist immer eine sehr bereichernde Angelegenheit. Und oft sind da auch ganz interessierte junge Menschen dabei, die hinterher sagen: „Also den Aspekt haben wir überhaupt noch nicht betrachtet. Wir haben uns das Buch gekauft, weil uns der Inhalt interessiert, aber was da noch alles dranhängt, das ist wirklich sehr bereichernd.“ Und interessant ist auch, das hat sich in den letzten Jahren ein bisschen gewandelt, aber dass auch immer wieder ältere Menschen dabei waren, die Quereinsteiger sind, die vorher ganz andere Berufe hatten und haben gesagt: „Ich fang jetzt noch mal komplett von vorne an und noch mal ganz neu.“ Und sich dann komplett dieser Ausbildung noch mal widmen, zwei oder drei Jahre, je nachdem. Da gibt es ja auch verschiedene Modelle und das bereichert natürlich auch so eine ganze Klasse noch mal so ein ganzes Seminar, weil die da noch mal mit einem ganz anderen Erfahrungshintergrund da herangehen, ganz andere Fragen haben.

Was auch ganz interessant das Format ist, es gibt ein Lektoren-Seminar. Dort in diesem Rahmen, da kommen einmal im Jahr für eine ganze Woche Lektoren aus verschiedenen Verlagen und bekommen dann, so man könnte fast sagen, eine rundum Packung von Marketing über Lektorat, über Vertrieb und eben auch Herstellung. Und das sind dann oft auch sehr junge Redakteurinnen und Redakteure oder Lektoren, das wird ja unterschiedlich genannt, die einfach als Quereinsteiger an den Verlag kommen. Das heißt, wenn ich einen wissenschaftlichen Verlag habe, sind das Physiker und Mathematiker. Wenn das ein Fachverlag ist, sind das Mediziner oder Juristen, haben wir schon dabei gehabt. Es sind viele aus Fachbuch-Verlagen, Sachbuch-Verlagen dabei, die sich einfach dafür interessieren: Was passiert denn mit dem Buch, wenn ich das lektoriert habe? Oder was kann ich, wenn ich es redigieren, schon bedenken? Und wie kann ich es den nachfolgenden Menschen, die damit arbeiten müssen, was muss ich berücksichtigen? Wie kann ich denen das Leben leichter machen? Was muss ich denen mit an die Hand geben, außer dem reinen Text?

Das ist so ein Aspekt, der mich sehr interessiert, weil gerade diese Quereinsteiger ja erst mal das Wissen sich erarbeiten müssen, was passiert da überhaupt im Nachgang mit den Texten, die ich da abgebe, egal ob da jetzt ein Printprodukt draus wird oder vielleicht auch ein eBook oder in wissenschaftlichen Verlagen wird dann viel auf Basis von XML gearbeitet.

Und aus diesen XML Daten werden dann die verschiedenen Produkte generiert. Das kann sein, dass da wissenschaftliche Fachartikel dann in Bibliotheken landen oder über Internetseiten abrufbar sind oder so was. Also auch das hat sich in den letzten Zeiten sehr stark geändert. Und mit diesen Menschen, die ja das als ihren alltäglichen Beruf sich ausgesucht haben, da zu arbeiten, das ist immer sehr, sehr interessant und auch für mich sehr bereichernd.

Christoph Luchs: Für alle, die jetzt nicht wissen, was XML ist. Vielleicht noch mal eine kurze Erklärung.

Julia Walch: [lacht] Ja, salopp gesagt ist XML die Programmiersprache, die eigentlich allen Computerprogrammen zugrunde liegt, egal ob das InDesign ist oder ob das wissenschaftliche Programme sind. Und das könnte man als Sprache bezeichnen, aus der heraus dann alle Übersetzungen erfolgen können. Also Übersetzungen in InDesign und daraus ein „eBook“ oder ein „gedrucktes Buch“ oder „Übersetzungen“, immer in Anführungszeichen, in eine Datenbank oder so was. Das ist der sogenannte XML basierte Satz, wo man auf einen Ausgangspunkt zurückgreifen kann.

Christoph Luchs: Das heißt auch, dass es um Datenstrukturen geht, um den Inhalt überhaupt in einer Reihenfolge festzulegen. Ein vorne und hinten, während normalerweise eine Layout Seite ja einfach nur ein Nebeneinander darstellt. Das ist ja der wesentliche Unterschied auch zu anderen Seitenbeschreibungssprachen. Früher gab es PostScript, also für alle die, die mit dem Internet groß geworden sind, PostScript ist das, was vorher gab und PostScript hat tatsächlich nur die Seite im Zweidimensionalen beschrieben, wo liegt ein Objekt, in welcher Größe, in welcher Koordinate? Von links unten, da war die Null-Position im ProScript und daraus wurde PostScript, wurde dann PDF, das Portable Document Format, was wir heute überall hin und her schicken als Dokument, als elektronisches Dokument. Aber XML ist eine ganz andere Struktur, nämlich tatsächlich die Reihenfolge von Elementen, von Objekten in einer gewissen Form. In einem Strom kann man auch sagen, man spricht auch von XML-Datenströmen, sofern man Datenbanken anzapft, um zum Beispiel automatisiert Printprodukte zu befüllen.

Aber das ist jetzt ein sehr automatisierter Prozess und bringt uns von der Buchgestaltung leider weiter weg.

Julia Walch: Ja, trotzdem spielt es eine große Rolle, denn es gibt viele wissenschaftliche Verlage, die mit XML basierten Sachen arbeiten. Das heißt, die Hersteller und Gestalter müssen sich natürlich in dieses Thema auch einarbeiten. Wir mussten eine ganz andere Art des Denkens eigentlich lernen. Das, was Du gerade beschrieben hast, dieses Zweidimensionale auf dieses An-einem-Faden-hängende, sozusagen als Gedankengang.
Und ich bin im Moment immer mal wieder involviert mit Kollegen, die damit noch nicht so viel zu tun hatten, die gleichzeitig ein gedrucktes Buch aufbauen und layouten. Aber daraus soll dann auch ein eBook gemacht werden, das heißt, das muss dann in digitale Daten umgewandelt werden, was aus dem InDesign heraus sehr gut geht. Aber man muss von vornherein ganz anders denken und ganz viele Sachen berücksichtigen, um die Bücher nicht zweimal komplett neu aufbauen zu müssen.

Wenn man bei der Buchgestaltung im herkömmlichen Sinne ein Layout aufbaut, dann hat man ja die Doppelseite vor sich. Und wenn auf diese Doppelseite inhaltlich ein Bild gehört, dann positioniert man das möglichst nah an dem Text, zu dem es gehört, aber auch so, dass es auf der Doppelseite möglichst gut wirkt. Ohne das jetzt näher zu erläutern oder zu bestimmen. Also ich stelle zum Beispiel das Bild links oben hin, die Bildlegende darunter und dann kommt der nachfolgende Text.

Beim eBook soll das Bild natürlich nicht irgendwie links oben stehen oder irgendwie so was, sondern sollte spätestens nach dem Absatz oder vor dem Absatz folgen, zu dem es inhaltlich gehört. Das heißt, ich muss es ganz anders verankern innerhalb des Textes, damit das eBook dann versteht, wo es das Bild einordnen muss. Und bei den Readern ist es ja auch so, dass man da die Schriftgröße verändern kann und dann würde das Bild auf der nächsten Seite landen, wenn es auf die eine Seite nicht mehr drauf geht, aber im Textfluss eben eingebettet sein.

Also das sind lauter so grundsätzliche Sachen, die man bedenken muss. Mal abgesehen von ganz vielen technischen Parametern, die beim Aufbau der Daten zum Beispiel im InDesign, das ist das Programm, mit dem ich viel arbeite oder hauptsächlich arbeite, berücksichtigt werden müssen, dass zum Beispiel ein eBook mehrere Leerzeilen, also mehrere freie Zeilen nicht erkennt. Das muss dann anders definiert werden und und und.

Und das sind Sachen, wo man jetzt wirklich so ein Buch von zwei Enden her denken muss. Einmal von der Optik und den Inhalten in den gestalterischen Aspekten und einmal von der Struktur der Daten, also der XML Struktur. Wie das dann aufgebaut ist. Und das war schon ein Lernprozess. Also einmal die Umstellung der Herangehensweise, aber natürlich dann auch die reine Arbeit an den Daten in dem Programm.Wie verändert das dann sein muss.

Und da sind viele Kolleginnen und Kollegen noch dabei, sich da gerade erst einzufinden in diese Thematik. Und es gibt natürlich auch viele Bücher, die sich nicht als Epub, also mit so flow Texten, mit veränderbaren Texten gestalterisch oder darstellungsmäßig veränderten Texten umsetzen lassen. Man denke nur an aufwendig gestaltete Bücher oder Zeitschriften oder so was, die einfach so komplex gestaltet sind, auf einer Seite, dass man die einfach nur in dem vorhin schon angesprochenen PDF Format umsetzt. Was dann wieder schlecht ist, wenn der Bildschirm klein ist, weil man da permanent am hin und her wischen ist, um das zu erwischen. Aber es gibt ja auch größere Bildschirme, wo man sich das dann bei Bedarf anschauen kann. Meistens laufen die ja auf allen Geräten ganz gut inzwischen.

Christoph Luchs: Das Thema eBook kam mir auf der Buchmesse 2000 in Frankfurt am Main über den Weg gelaufen. Damals war ich für Adobe unterwegs. Wir standen mit dem Adobestand auf der Buchmesse und Adobe hatte eine Software aufgekauft, zu Adobe Software gemacht, die hauptsächlich um das automatisierte Publizieren und um das Rechte-Management ging, Digital Rights Management, DRM, heißt das Zauberwort, was so viel heißt wie: „Ich verteile eine elektronische Datei und die wird lizenziert auf das Endgerät, also auf mein Smartphone, mein Tablet, mein Laptop, um es dort zu nutzen und nur dort, weil ich ja die Lizenz dafür gekauft habe.“

Ähnlich wie ich es auch bei einer normalen Software der Fall ist. Heute, über 20 Jahre später, gibt es eigentlich immer noch keine wirkliche Plattform dafür. Natürlich kann ich Bücher digital kaufen, Romane. Da macht es ja auch Sinn, dass ich jetzt zum Beispiel auf einem Amazon Kindle beispielsweise einen Roman lese, weil der hauptsächlich aus Text besteht. Wenn ich aber jetzt in Richtung Fachbuch gehe, also ein wissenschaftliches Buch oder ein Fachbuch, dann wird das schon schwieriger. Dann müssen ja die Bilder und Texte darin verankert werden. Das ist das, was Du eben gerade besprochen hast. Das heißt, wenn ich in meinem Endgerät die Schriftgröße verändere, muss ja dann eventuell ein Bild auf die nächste Seite umbrechen, weil es auf die vorherige nicht mehr passt, weil der Text das Bild verträgt, was ja normalerweise bei einem festen Layout nie der Fall ist.

Das ist tatsächlich dann die große Kunst eigentlich. Das ist der Kern dieser Book Arbeit, dass man das so vorbereitet aus einem Layout Programm wie InDesign, dass man das auf Anzeigegeräten wie einem Kindle oder irgendeinem anderen, Tolino gibt es auch, dass man das auf diesen Geräten hinterher darstellen kann oder auf einem ganz normalen iPad beispielsweise.

Interessant finde ich dabei, das wurde so im Hintergrund mitentwickelt. Die Verlage haben sich das lange Zeit angeguckt, auch die Erfindung des iPad haben sich die Verlage lange angeguckt und haben gesagt: „Nein, wir drucken weiter Bücher.“ Und dann haben sie irgendwann gesagt: „Okay, wir haben jetzt einen Weg gefunden, das möglichst schnell zu exportieren“, zum Beispiel als PDF, um es dann zu verkaufen. Aber da hängt dann auch wieder das Rechtemanagement dran, dass das nicht so einfach ist, eine PDF einfach so zu verkaufen.

Das bedeutet, die Verlage haben immer nach so einer eierlegenden Wollmilchsau geguckt, um möglichst gar kein Geld ausgeben zu müssen. Also dieses ganze digitale Geschäft möglichst schnell als Mitnahmeeffekt aufzunehmen. Wie hast Du das beobachtet? Du bist da ja auch mitten drin. Ich habe das damals eher aus technischer Sicht betrachtet, weniger aus gestalterischer, auch wenn es uns natürlich als Gestalter immer beschäftigen sollte.

Wie hast Du das erlebt?

Julia Walch: Also die ersten, die sich damit befasst haben, haben tatsächlich den PDF-Weg erst mal gewählt, weil es einfach der schnellste und einfachste Weg gewesen ist. Für eine Druckdatei muss man ein PDF schreiben und mit veränderten technischen Parametern muss man das für ein PDF, was dann auf einem Bildschirm darstellbar ist, auch machen. Also das war kein großer Aufwand.

Und dann kam eine Phase, dass einheitlich versucht wurde, einheitliche Formate gerade so im belletristischen Bereich zu entwickeln. Und da gibt es eine Firma in Tübingen, Pagina, die da federführend involviert gewesen ist, die da ganz viele Sachen mitentwickelt haben, die die Konzepte begleitet haben, auch immer mit den Verlagen zusammengearbeitet haben. Der Fischer-Verlag in Frankfurt war da federführend, die geschaut haben: „Was haben wir denn für Bücher, was haben die denn für Strukturen? Was brauchen wir denn dafür?“ Technologien oder für Schriften, für Einbettungsmöglichkeiten etc. etc.

Da jetzt drauf einzugehen, das würde das Format sprengen und die haben tatsächlich einen Weg entwickelt gemeinsam, der jetzt von ganz vielen Verlagen verwendet wird und Pagina mit ihrem Geschäftsführer oder Eigentümer, der da sehr, sehr engagiert ist, die haben zum Beispiel auch die Möglichkeit geschaffen, durch Unterstützung eines Ministeriums, dass da Daten getestet werden können, dass sogar Programme runtergeladen werden können, um die nicht extra kaufen müssen.

Also auch ein sehr sozial engagiertes Unternehmen. Und so hat sich das dann doch in der Verlagswelt auch verbreitet.

Inzwischen, würde ich sagen, ist es eher so, dass sich das auch wieder nach den Schwerpunkten und Inhalten der Verlage unterscheidet, welchen Weg sie da wählen und wo sie das veröffentlichen.

Christoph Luchs: Gibt es Beispiele, wo ein Verlag hauptsächlich im digitalen Bereich Bücher erfolgreich an den Mann oder an die Frau bringt?

Julia Walch: Also ich denke schon, dass es welche gibt, die das versuchen, aber mir ist selbst keiner bekannt, weil ich eben doch die Frau des Prints immer noch schwerpunktmäßig bin. Auch wenn mich diese ganze technische Welt sehr, sehr interessiert und ich die sehr spannend finde und da auch immer dran bleiben werde.

Christoph Luchs: Mit den digitalen Büchern tut sich der deutsche Markt oder das deutsche Publikum doch ziemlich schwer. Romane werden zwar gern mal im Urlaub auf einem digitalen Gerät gelesen, aber nicht unbedingt Fachbücher oder etwas üppiger gestaltete Bücher, die auch schöne Bücher sind oder sein sollen. Ich habe eine Statistik gelesen: Vor einigen Jahren wurden verschiedene Märkte miteinander verglichen. Da gab es Deutschland, Frankreich, USA, Japan und mindestens noch ein weiteres Land. Und da war sehr interessant, dass hauptsächlich in Deutschland und Japan überwiegend analog gelesen wurde, zu dem Zeitpunkt der Umfrage, und in allen anderen Ländern eben nicht unbedingt, sondern dass dort das Digitale und Analoge sich ausgewogen hat. Das heißt, man hat sowohl digital als auch analog gelesen generell. Nicht so in Deutschland und Japan, wo halt überwiegend auf Papier gelesen werden musste, quasi geradezu.

Ist das wirklich so? Ist es so ein Klischee, dass man sagt, in Deutschland gibt es diesen Hang zum Buch, zu diesem Substantiellen. Man muss das in der Hand haben, man muss das Gewicht spüren, an Wissen, was in einem Buch steckt. Man braucht die Kulturtapete, wie Hellmuth Karasek sagt. Ist das wirklich aus heutiger Sicht immer noch ein Statussymbol auch, sich mit Büchern so zu beschäftigen?

Und ist das ein Teil der deutschen Kultur? Kann das so sagen?

Julia Walch: Würde ich schon sagen. Also wenn man sich anschaut, auch über die verschiedenen technischen Entwicklungen hinweg, vom Handsatz zum Bleisatz, über den Maschinensatz, über den Fotosatz bis zum digitalen Satz hinweg, gibt es immer Länder, die sehr, sehr viel Wert auf gute Gestaltung respektive gute Lesbarkeit und guten Umgang mit Büchern gelegt haben, auch auf gute Materialien. Und wenn man sich das so anschaut, sind das Länder oder Gegenden, die Länder ändern sich ja im Laufe der Jahrhunderte auch immer mal, mit ihren Grenzen, die auch schon zu Gutenbergs Zeiten viel Kultur hatten, viel mit Satz und Buchdruck zu tun hatten. Also von Venedig angefangen bis Holland, Schweiz und so weiter. Also Kulturnationen im europäischen Bereich, würde ich sagen. Und ich denke, das steckt schon noch drin. Das spiegelt sich heute immer noch wider.

Es verändert sich, es verändert sich mit den Möglichkeiten. Es verändern sich auch immer mal die Qualitäten. Am Anfang einer neuen Technologie wird es meistens erst mal ein bisschen schlechter, ehe die sich dann so wandelt, dass es auch da wieder zu guten Produkten kommt. Aber ich denke schon, dass das eine Kulturgeschichte auch ist. Ja.

Christoph Luchs: Vielleicht noch ein Stichwort zum Thema Buchpreisbindung. Ein eBook, um das mal abzuschließen, hat ja nahezu denselben Preis wie ein gedrucktes Buch aufgrund der Buchpreisbindung. Kannst Du da mal kurz erklären, was ist der Hintergrund eigentlich? Warum gibt es das überhaupt? Und warum hat denn jetzt ausgerechnet ein eBook den selben Preis?

Julia Walch: Buchpreisbindung ist ein weites, weites Feld und ich denke, es ist eine kulturpolitische Entscheidung zu sagen, dass die Bücher nicht verramscht werden sollen und einen bestimmten Wert haben und zu diesem hergestellt werden. Das ist jetzt sehr, sehr grob besprochen oder angesprochen. Und ein eBook, wo man ja denken könnte, na ja, da braucht man weder Papier, noch muss man es drucken, noch braucht man hinterher Leinen oder Fadenheftung oder irgendwas, um es zu veröffentlichen, muss trotzdem inhaltlich bearbeitet werden.

Die Bilder müssen gemacht werden, die Rechte müssen beschafft werden. Es muss eben so aufgebaut werden, dass es sowohl inhaltlich funktioniert als auch gestalterisch und technisch gut darstellbar ist. Also es fällt wenig weg von dem, was den Preis eines Buches ausmacht. Wenn man sich so eine Kalkulation anschaut, ist zwar gerade in unseren Zeiten jetzt der Papierpreis deutlich angestiegen und der Preis des Buchbindens, weil es eben ein aufwendiger Produktionsprozess ist und auch immer noch viel Handarbeit nötig ist, ein großer Punkt. Aber tatsächlich entfallen auch viele Kosten eben auf das, was in einem Verlag gemacht wird. Das fängt an bei der Miete und bei der Kaffeemaschine, bei den Computern und der Ausbildung, mit den Programmen, mit der Software umzugehen. Das muss redigiert werden. Es müssen Strukturen geschaffen werden, es muss vertrieben werden. Es gibt immer noch Reisende, die von Buchhandlung zu Buchhandlung fahren und die Produkte der Verlage vorstellen.

Also das ist ein riesengroßer, relativ aufwendiger Vorgang, der dahintersteht, der eben beim eBook auch nötig ist. Also deswegen sind die Preise durchaus berechtigt, finde ich. Und wenn man sich solche Verlagskalkulationen anschaut, ist es ganz oft so, dass wenige Bücher in einem Verlag wirklich in der ersten Auflage die Herstellungskosten insgesamt decken können. Dass so ein Verlag also darauf hofft, dass es eine Nachauflage gibt, wo viele Arbeiten dann nicht noch mal gemacht werden muss, oder dass es eben ein Harry Potter ist, der in die erste Auflage mit 100.000 Exemplaren geht und damit viele andere Titel, die der Verlag gerne machen möchte oder die vielleicht auch nicht ganz so laufen, wie man das gehofft hat, dann stützen kann. Also auch das eine sehr komplexe Geschichte.

Christoph Luchs: Aus der Verlagsbranche hört man, dass mittlerweile, nach diesen 20 Jahren, der Entwicklung der digitalen Formate, aber auch der digitalen Verkaufsplattformen, die ja auch dazugehören, es gab ja kein elektronischen Buchhandel, sondern der musste sich ja auch erst mal etablieren auf Verkaufsplattformen, die das vielleicht erst mal überhaupt nicht nahe liegen, dass man gehört hat, dass die Verlage heute sagen: „Na ja, ein Buchtitel, der als gedrucktes Buch erfolgreich ist, ist auch als eBook erfolgreich.“Natürlich in kleinerem Maße, im kleineren Umfang, was die Umsätze angeht, aber das zieht mit. Das heißt, es lohnt sich heute auch für Verlage, in diesem Bereich, in diesem Segment zu denken. Und da ja auch Technik und Wissen zu investieren, um dann diese Formate auch bereitzustellen. Das heißt eben nicht unbedingt bei jedem Titel, aber zumindest im großen Maßstab kann man generell sagen, eBooks sind auch durchaus erfolgreich und tragen dazu bei, dass sich Verlage heute auch über Wasser halten können, was ja auch nicht ganz einfach ist in heutigen Zeiten.

Julia Walch: Nein, das kann man wirklich sagen. Und wenn man die Verlagswelt so ein bisschen beobachtet, dann verändert sich das auch jedes Jahr immer wieder von Neuem. Und manchmal sogar erschreckend, dass Verlage einfach das nicht mehr schaffen und dann aufgekauft werden, meistens in einem anderen Verlag mit aufgehen. Das heißt, die Inhalte bleiben erhalten, aber die Arbeitsplätze gehen natürlich leider verloren.

Das ist ja eine starke Veränderung auch in den letzten 20 Jahren zu beobachten.

[Musik]

Christoph Luchs: Liebe Julia, wir spielen ein Spiel miteinander, das A B Spiel.

Julia Walch: Ich bin gespannt.

Christoph Luchs: Das A B Spiel geht so: Ich gebe dir zwei Begriffe vor und Du musst Dich für einen dieser Begriffe entscheiden. Wenn ich sage: „Hund oder Katze“, sagst Du ?

Julia Walch: Katze.

Christoph Luchs: Katze oder Du darfst auch noch was anderes sagen, falls Dir etwas Drittes einfällt, wo Du sagst: Nein, die beiden Alternativen sind mir nicht gut genug.

Julia Walch: Okay.

Christoph Luchs: Okay. Bist Du bereit?

Julia Walch: Jawoll.

Christoph Luchs: Hell oder dunkel?

Julia Walch: Hell.

Christoph Luchs: Aufstehen oder liegenbleiben?

Julia Walch: Aufstehen.

Christoph Luchs: Frühling oder Sommer?

Julia Walch: Schwierig. Herbst.

Christoph Luchs: Sommer oder Herbst?

Julia Walch: Herbst.

Christoph Luchs: Sommer oder Winter.

Julia Walch: Sommer.

Christoph Luchs: Wecker oder Smartphone.

Julia Walch: Beides.

Christoph Luchs: Vogelgezwitscher oder Radio.

Julia Walch: Vogelgezwitscher.

Christoph Luchs: Eule oder Lerche.

Julia Walch: Eule. Wenn sich’s auf den Vogel bezieht. Obwohl Lerche mag ich auch sehr.

Christoph Luchs: Radio oder Playlist.

Julia Walch: Radio.

Christoph Luchs: Musik oder Podcast.

Julia Walch: Musik.

Christoph Luchs: Lieblingssongs oder Playlist des Tages.

Julia Walch: Lieblingssongs.

Christoph Luchs: Spotify oder Apple Music.

Julia Walch: Apple Music.

Christoph Luchs: Brot oder Brötchen?

Julia Walch: Brot.

Christoph Luchs: Brot oder Bemme.

Julia Walch: Bemme.

Christoph Luchs: Süß oder herzhaft.

Julia Walch: Herzhaft.

Christoph Luchs: Ei oder kein Ei.

Julia Walch: Ei.

Christoph Luchs: Weich oder hart.

Julia Walch: Weich.

Christoph Luchs: Tee oder Kaffee.

Julia Walch: Tee.

Christoph Luchs: Tee oder Wasser.

Julia Walch: Tee.

Christoph Luchs: Still oder mit Kohlensäure.

Julia Walch: Mit Kohlensäure.

Christoph Luchs: Medium oder laut.

Julia Walch: Medium.

Christoph Luchs: Kopfhörer oder Boxen.

Julia Walch: Boxen.

Christoph Luchs: Airpods oder On-Ear.

Julia Walch: Airpods.

Christoph Luchs: Pop oder Rock.

Julia Walch: Beides, Rock.

Christoph Luchs: Rock oder Metal.

Julia Walch: Rock.

Christoph Luchs: Rock oder Hip Hop.

Julia Walch: Immer noch Rock.

Christoph Luchs: Soul oder Jazz.

Julia Walch: Soul.

Christoph Luchs: Jazz oder Klassik.

Julia Walch: Klassik.

Christoph Luchs: Old School oder New School.

Julia Walch: Old School.

Christoph Luchs: Analog oder digital.

Julia Walch: Digital.

Christoph Luchs: Bleistift oder Füller.

Julia Walch: Bleistift.

Christoph Luchs: Lamy oder GH.

Julia Walch: [lacht] Lamy.

Christoph Luchs: Bleistift oder Apple Pen.

Julia Walch: Bleistift.

Christoph Luchs: Zeichnen oder malen.

Julia Walch: Zeichnen.

Christoph Luchs: Zeichnen oder radieren.

Julia Walch: Zeichnen.

Christoph Luchs: Layout oder Satzspiegel.

Julia Walch: Layout.

Christoph Luchs: Satzspiegel oder Schriftsatz.

Julia Walch: Schriftsatz.

Christoph Luchs: Orthografie oder Typographie.

Julia Walch: Typografie.

Christoph Luchs: Kapital oder Kapitälchen.

Julia Walch: [lacht] Kapitälchen.

Christoph Luchs: Seriefe oder grotesk.

Julia Walch: Keine Entscheidung.

Christoph Luchs: Ich lasse das mal so gelten. Barock oder Renaissance.

Julia Walch: Renaissance.

Christoph Luchs: Arial oder Helvetica.

Julia Walch: Ach Du lieber Schreck. [lacht] Helvetica.

Christoph Luchs: Helvetica oder Akzidenz-Grotesk.

Julia Walch: Akzidenz-Grotesk.

Christoph Luchs: Frutiger oder Tschichold?

Julia Walch: Puh, das ist eine Entscheidung. Frutiger.

Christoph Luchs: Register oder Format.

Julia Walch: Format.

Christoph Luchs: Spalten oder Zeilen.

Julia Walch: Zeilen.

Christoph Luchs: Ausschnitt oder Anschnitt.

Julia Walch: Ausschnitt.

Christoph Luchs: Schriftgröße oder Schriftgrad.

Julia Walch: Schriftgrad.

Christoph Luchs: Kind oder Kegel.

Julia Walch: Kind.

Christoph Luchs: Hurenkind oder Schusterjunge.

Julia Walch: Weder noch. [lacht] Wenn ich wählen müsste, dann lieber Schusterjunge.

Christoph Luchs: Zwiebelfisch oder Silberfischchen.

Julia Walch: Zwiebelfisch.

Christoph Luchs: Geviert oder Quadrat.

Julia Walch: Geviert.

Christoph Luchs: Ellipse oder Punkt, Punkt, Punkt.

Julia Walch: Ellipse.

Christoph Luchs: Lesen oder Überfliegen.

Julia Walch: Lesen.

Christoph Luchs: Bibliothek oder Wohnzimmer.

Julia Walch: Bibliothek.

Christoph Luchs: Haptik oder Feedback.

Julia Walch: Haptik.

Christoph Luchs: Bindung oder Paperback.

Julia Walch: Bindung.

Christoph Luchs: Hochglanz oder matt.

Julia Walch: Matt.

Christoph Luchs: Prägung oder Strukturlack.

Julia Walch: Prägung.

Christoph Luchs: Graspapier oder Naturpapier.

Julia Walch: Naturpapier.

Christoph Luchs: Goldschnitt oder Farbschnitt.

Julia Walch: Farbschnitt.

Christoph Luchs: Register oder Inhaltsverzeichnis.

Julia Walch: Inhaltsverzeichnis.

Christoph Luchs: Exlibris oder Lesezeichen.

Julia Walch: Lesezeichen.

Christoph Luchs: Blauer Faden oder roter Faden.

Julia Walch: Roter Faden.

Christoph Luchs: Studium oder Fortbildung.

Julia Walch: Fortbildung.

Christoph Luchs: Präsenz oder Online.

Julia Walch: Präsenz.

Christoph Luchs: Hybrid oder Präsenz.

Julia Walch: Präsenz.

Christoph Luchs: Zoom oder Teams.

Julia Walch: Teams.

Christoph Luchs: Teams oder Big Blue Button.

Julia Walch: Teams.

Christoph Luchs: Breakout Rooms oder Break Together.

Julia Walch: [lacht] Break Together.

Christoph Luchs: Frontal oder Gruppenarbeit.

Julia Walch: Gruppenarbeit.

Christoph Luchs: Kamera aus oder mute.

Julia Walch: Kamera aus.

Christoph Luchs: PC oder Laptop.

Julia Walch: Laptop.

Christoph Luchs: Laptop oder Tablet.

Julia Walch: Laptop.

Christoph Luchs: Tablet oder Smartphone.

Julia Walch: Smartphone.

Christoph Luchs: Smartphone oder Kamera.

Julia Walch: Kamera.

Christoph Luchs: Windows oder Mac.

Julia Walch: Mac.

Christoph Luchs: InDesign oder Quarkxpress.

Julia Walch: InDesign.

Christoph Luchs: Affinity Publisher oder InDesign.

Julia Walch: InDesign.

Christoph Luchs: Canva oder InDesign.

Julia Walch: InDesign.

Christoph Luchs: Google Fonts oder Adobe Fonts.

Julia Walch: Adobe Fonts.

Christoph Luchs: Buchmesse oder Buchladen.

Julia Walch: Buchladen.

Christoph Luchs: Frankfurt oder Leipzig.

Julia Walch: Leipzig.

Christoph Luchs: Ost oder West?

Julia Walch: Ost.

Christoph Luchs: Alpen oder Nordsee.

Julia Walch: Nordsee.

Christoph Luchs: Nordsee oder Ostsee?

Julia Walch: Ostsee.

Christoph Luchs: eBook oder Buch.

Julia Walch: Buch.

Christoph Luchs: Roman oder Sachbuch.

Julia Walch: Roman.

Christoph Luchs: Roman oder Krimi.

Julia Walch: Roman.

Christoph Luchs: Science Fiction oder Krimi.

Julia Walch: Krimi.

Christoph Luchs: Coffee Table Book oder Kopfkissen-Buch.

Julia Walch: Kopfkissen-Buch.

Christoph Luchs: Danke.

Julia Walch: Manchmal war es wirklich schwer, sich zu entscheiden.

Christoph Luchs: An welcher Stelle?

Julia Walch: Das kann ich jetzt gar nicht mehr so genau sagen. Zum Beispiel bei Serifen oder Grotesk, weil wie gesagt, das kann man so eigentlich nicht unterscheiden. Da gibt es bei dem einen, was Gutes und bei dem anderen was Gutes oder auch umgedreht. Also das ist schwierig.

Christoph Luchs: Beim Gestalten mit Büchern bist Du ja sehr involviert mit dem Inhalt. Kannst Du Dich da bei Musik entspannen? Hörst Du Musik während der Arbeit?

Julia Walch: Ich höre Musik bei der Arbeit. Sehr viel sogar. Was ich dabei nicht höre, sind irgendwelche gesprochenen Texte oder so was, weil das lenkt mich ab. Aber Musik ist für mich tatsächlich ein Mittel. Ich habe selber sehr viel Musik gemacht, um mich zu entspannen, um mich in eine bestimmte Stimmung zu versetzen. Das kann durchaus auch den Flow der Arbeit mal beeinflussen. Im besten Sinne natürlich positiv. Und dann ist das was sehr Angenehmes, ja. Doch benutze ich sehr viel, höre auch sehr viel.

Christoph Luchs: Du kommst ja aus einem Haushalt, aus einem Haus, aus einer Familie, die durchaus was mit Büchern zu tun hat.

Julia Walch: Das kann man so sagen.

Christoph Luchs: Dein Vater war Buchillustrator?

Julia Walch: Buchgestalter. Meine Mutter ist Grafikerin und mein Vater war Buchgestalter. Also er war von der Ausbildung her Repro-Fachmann und ist dann in Leipzig im Insel Verlag gelandet, in der Herstellung. Hat jahrzehntelang dort die Gestaltung und die Technik der dort erscheinenden Bücher betreut und hat selbst auch Bücher illustriert im Sinne von Holzstichen. Also eine handwerkliche Technik, die er dafür verwendet hat, die in vielen dieser kleinen Insel Buchreihen in vielen Büchern auch zu finden ist, auch die Umschläge betreut, die ganzen Grafiker betreut und auch Autoren, die für den Verlag so gearbeitet haben, aber auch viel mit den Autoren.

Man kann das ja immer gar nicht trennen, wenn man mit Büchern zu tun hat. Was eine der Sachen ist, die ich so interessant finde und so bereichernd, dass man mit ganz vielen unterschiedlichen Menschen dann auch immer zu tun hat. Und er hat sich dann in den Achtzigern auch selbstständig gemacht, damals in Leipzig und hat dann für viele andere Verlage auch gearbeitet.

Was natürlich immer toll war, war die Buchmesse, die zweimal im Jahr in Leipzig stattfand, wo dann eben auch zu DDR Zeiten viele Kolleginnen und Kollegen aus anderen Verlagen hier aus der Bundesrepublik dann zu Besuch waren. Viele haben bei uns übernachtet, bei Freunden, bei Bekannten, im Haus, wurden sie mit untergebracht, so dass das dann immer sehr lebendige Zeiten gewesen sind.

Und so sind wir mit Büchern, aber auch mit Musik groß geworden. Meine Mutter, die hat Hausmusik gemacht. Das fand dann einmal alle vier Wochen statt, was für uns als ganz kleine Kinder schon ganz toll war, weil wir dann daneben sitzen durften und lange aufbleiben durften und noch zuhören konnten und so und das hat uns, glaube ich, schon sehr geprägt.

Also viel Kultur, viele interessante Menschen, die man dann da auch kennengelernt hat. Viele aus den Verlagen, Insel Verlag gab es ja sowohl in Leipzig als auch in Frankfurt, so dass dann auch da viele Kontakte zu Freundschaften wurden, tatsächlich auch.

Christoph Luchs: Das heißt eine Ost-West-Freundschaft, die deutlich vor der Wende stattgefunden hat, auch kultiviert wurde. Kann man das so sagen?

Julia Walch: Ja, kann man so sagen. Also die haben lange bestanden, auch über den Mauerfall hinaus. Also gerade mit dem Herstellungsleiter vom Insel Verlag, dem Rolf Staudt, sind wir sehr eng befreundet gewesen, die Familie und da gibt es ja dann auch Anknüpfungspunkte. Als ich nach Frankfurt gekommen bin, 1986, dass ich darüber dann auch Kontakte gefunden habe und dann tatsächlich auch meine erste Festanstellung damals in einem Schulbuchverlag in Frankfurt hatte, vier Jahre lang, ehe ich mich dann wieder selbstständig gemacht habe.

Christoph Luchs: Wie ist der Kontakt zu Hans Peter Willberg zu sehen? Wie hast Du den erlebt und wie kam es zustande? Und er muss ja doch eine sehr prägende oder eindrückliche Figur gewesen sein.

Julia Walch: Ja, das kam tatsächlich auch aus diesen Messezeiten, bzw. gab es ja auch im Osten damals diesen Wettbewerb „Die schönsten Bücher“, bei dem er auch da gewesen ist. Und das war, glaube ich, aber eher die internationale Buchausstellung, hieß das damals noch, also dieser internationale Wettbewerb, der in Leipzig stattfand und da hat mein Vater den Hans Peter Willberg kennengelernt.

Darüber kam das zustande, und Hans Peter Willberg war dann auch jemand, der mich am Anfang, als ich in Frankfurt war, dann auch begleitet hat. Ich habe zum Beispiel zum Anfang bei seiner Familie gewohnt, ehe ich dann meine eigene Wohnung in Frankfurt gefunden habe, als dann klar war, ich bleibe in Frankfurt und arbeite dort in dem Verlag. Erst dann ist es ja sinnvoll, sich da die erste eigene Bleibe dann wieder zu suchen und das hat er begleitet, also sowohl fachlich als auch privat.

Und ich durfte dann ein Jahr lang bei ihm als Gasthörer in Mainz an der Fachhochschule an seinen Vorlesungen und Seminaren teilnehmen, was mich auch sehr bereichert hat. Und das war ja auch gerade so die Zeit, als die Computer aufkamen, als die Satzprogramme sich veränderten und ich entsinne mich an einen Satz, den er gesagt hat: „Man sollte die Kolumnen-Schnur aus dem Kopf entfernen.“

Man muss dazu vielleicht ganz kurz sagen, in Bleisatz-Zeiten war eine Seite ein fest begrenztes Objekt, könnte man sagen. Also die einzelnen Bleibuchstaben, die eben mit einer Schnur erst mal befestigt wurden, ehe man sie dann weiterverarbeitet hat. Und das schränkte die Gestaltungsmöglichkeiten auf einer Seite fürs Layout deutlich ein. Und alleine dieser Satz hat bei mir wirklich ein Feuerwerk entzündet, sich davon eben nicht mehr einschränken zu lassen, sondern das Buch mit seiner Doppelseite als eine freie Fläche zu betrachten und damit gestalterisch dann umzugehen. Also über den Satzspiegel hinaus zu gehen, nicht nur mit der Seitenzahl, sondern auch mit anderen Elementen. Also da hat mich schon auch sehr gefördert und beeinflusst.

Christoph Luchs: Hans Peter Willberg hat mehrere Bücher zum Thema Buchgestaltung und auch Herstellung veröffentlicht, bis heute teilweise Klassiker oder auch Standardwerke. Er war durchaus auch Vertreter des industriellen Buches, kann man so sagen, also des industriell gefertigten Buches, was jetzt aber auch aus künstlerischer Sicht überhaupt nicht verwerflich ist, weil auch seine Vorgänger, wie zum Beispiel Jan Tschichold, sich darauf berufen haben, und haben gesagt: „Natürlich müssen wir mit den DIN Formaten beispielsweise arbeiten, um eine standardisierte Produktion zu ermöglichen. Das ermöglicht die Reichweite. Das ermöglicht die technische, einfache Umsetzung, damit es eben nicht beim Kunstwerk bleibt, sondern als Medium in die Breite gehen kann und auch in einem gewissen Verständnis der Modernität auch gesehen wird. Und eben nicht nur eine Kunst, die um sich selber sozusagen tanzt.“ Und das finde ich ja einen ganz interessanten Aspekt dabei. Und insofern war Hans Peter Willberg auch sicherlich jemand, der durchaus offen für alle Gestaltungen war und eben nicht nur gesagt hat: „Es muss so passieren, es muss so sein, wie ich es als Professor vorgebe, sondern jeder, der eine Idee vom Buch hat, soll sie bitte umsetzen. Aber bitte auch in der nötigen handwerklichen Basis und in diesem Fundament sozusagen.“ Und ich glaube, das hat er wahrscheinlich auch bei Dir gelegt, oder?

Julia Walch: Ja, wobei ich an der Technik gerade durch meine Ausbildung ja schon immer sehr nah dran gewesen bin, einfach durch die handwerkliche Grundlage. Und ich würde mich eigentlich auch eher als Handwerker bezeichnen als als Künstler. Mit allem was dazugehört, mit dem Beherrschen der Technik und auch den Möglichkeiten. Gute Gestaltung ist nur möglich, wenn ich die Möglichkeiten und Technologien kenne, die zur Verfügung stehen. Wenn ich die einschätzen kann und einsetzen kann, dann ist eine gute Gestaltung möglich. Und das ist egal, ob das jetzt ein gedrucktes Buch ist oder ob das ein eBook ist. Da die Möglichkeiten zu kennen und einzubeziehen, halte ich für eine der Grundlagen für gute Gestaltung. Und ich denke, das war bei Hans Peter Willberg so, das war bei Herrn Tschichold und vielen, vielen anderen so. Ein Grundstein dafür ist ja auch das Bauhaus, wo das eine ganz große Rolle gespielt hat in deren Philosophie.

Christoph Luchs: Ich möchte dazu ein Zitat von Jan Tschichold vorlesen. Er hat in einem Kapitel über zeitgemäße Buchgestaltung geschrieben, und da schreibt er über seine Art und Weise, wie er herstellt oder wie er eine Buchgestaltung aus heutiger Sicht sieht. Zum einen sagt er, und das finde ich erst mal sehr bemerkenswert: „Die zeitgemäße Buchgestaltung bedeutet den Kampf um eine neue optische Gestalt des Buches, eine zeitgemäße, restlose Ausnützung der typografischen und fotografischen Mittel und Methoden.“

Julia Walch: Wäre jetzt interessant, von wann dieses Zitat ist, um zu wissen, vor welchem Hintergrund er das gesagt hat. Denn Buchgestaltung oder überhaupt Kunst existiert ja nicht im luftleeren Raum, sondern es bezieht die Technik mit ein, Politik spielt eine Rolle, Kultur spielt eine Rolle. Was war der Hintergrund, vor dem er das gesagt hat? Jan Tschichold war ja ein Mann, der sich mit vielen Sachen beschäftigt hat. Der hat ja auch Plakate gemacht und viele andere Sachen. Man sagt ihm nach, dass er viele Aufträge parallel hatte und ja auch viele Bücher immer wieder geschrieben hat und dass er in seinem Arbeitszimmer für jeden Auftrag einen Schreibtisch stehen hatte, um dann immer wieder an dem einen Projekt weiterzumachen, dieses zu verlassen und am nächsten weiterzumachen. Was ich für eine sehr clevere Strategie halte, das mit Bewegung zu verbinden, um dann auch so eine kleine Zäsur zu haben und sich in das nächste Projekt wieder einzuleben und ein zu denken.

Und er hat viele Zeiten erlebt: politische Umbrüche, kulturelle Veränderungen und deswegen wäre es interessant zu wissen, aus welcher Zeit das stammt.

Christoph Luchs: Genau kann ich es leider nicht sagen. Ich kann nur sagen, es kommt aus dem ersten Band seiner Schriften, gesammelten Schriften von 1925 bis 1974. Ein sehr langer Zeitraum. In dieser Zeit zumindest, ich glaube, auch eher im Nachgang, hat er dazu etwas geschrieben und das war sicherlich auch in der Nachkriegszeit, beschrieben, weil er in diesem Text auch auf andere Dinge noch eingeht.

Ein weiterer Punkt, den er noch erwähnt hat: das Lesen. Und das finde ich hier sehr bemerkenswert im Hinblick: Was haben wir heute für Medien und wie lesen wir heute eigentlich? „Das laute und langsame Lesen, das Abtasten des Einzelbuchstabens, des Einzelwortes ist in unserer Zeit dem Überfliegen des Textes gewichen. Die Lesetechnik des heutigen Menschen führte zu der spezifischen Form des Zeitungssatzes mit seinen großen und kleinen Zeilen, ihren verschiedenen Fertigkeitsgraden, der Sperrung einzelner Worte und ganzer Sätze, der Hervorhebung durch großen Ausschuss und weiten Durchschuss und so fort.“

Das heißt, er hat hier das Lesen und auch das Überfliegen der Texte ja auch schon wahrgenommen. Dass sich da das Lesen verändert. Wie ist das heute, wenn wir im Zeitalter von WhatsApp, Twitter, von Online Chats das Lesen beobachten? Wie siehst Du das heute?

Julia Walch: Ja, zum Teil kritisch, weil ich denke, dass alles viel kurzlebiger bzw. sogar kurzatmiger wird und dass dieses Konsumieren von Häppchen deutlich zunimmt, durch diese Medien. Aber es gibt ja auch immer so eine Gegenbewegung. Das heißt, ich beobachte schon auch, dass Leute wieder mehr Romane oder Krimis oder andere Bücher lesen, wo man wirklich dranbleibt, wo man in eine andere Welt abtaucht, wo man die Sprache genießt, wo man ganz anders damit noch mal umgeht, einfach um einen Kontrapunkt zu setzen zu dem, was einen sonst umgibt.

Also das ist wie mit allem wahrscheinlich so eine Wellenbewegung, dass sich das immer wieder verändert. Und durch diese Veränderungen kommen dann vielleicht auch längst verschollene Sachen wieder hoch oder so was. Also da ist immer Bewegung in solchen Geschichten drin, so wie auch bei der Gestaltung oder wenn man Buchumschläge anschaut, dann hat man mal eine Phase, wo viele schwarz-weiße Umschläge auftauchen. Dann kommt mal wieder eine reduzierte Phase, dann gibt es wieder mehr Illustrationen auf den Buchumschlägen, dann wird es plakativ, dann wird es wieder kleinteiliger. Also das sind ja auch immer so Veränderungen, die einerseits dadurch geprägt sind, dass man Veränderungen will, um aufzufallen, aber eben auch von der umgebenden Kultur geprägt sind. Aber es ist richtig, das häppchenweise Lesen hat deutlich zugenommen.

Christoph Luchs: Wenn Du alle Ressourcen der Welt nutzen könntest, was Materialien, was Zeit, was Geld angeht, aber auch was Inhalte angeht, was für ein Buch würdest Du dann gestalten wollen?

Julia Walch: Also ich interessiere mich sehr für viele ökologische Aspekte. Ich würde mal vermuten, dass es so in die Richtung gehen würde. Dabei würde ich natürlich dann auch schauen, dass das Buch dazu passt, dass die Materialien dazu passen, dass es ein ökologisch hergestelltes Buch ist. Und ich denke, ich würde dabei viele Aspekte berücksichtigen wollen. Denn nicht alles, was ökologisch erscheint, ist sinnvoll oder auch gut umzusetzen.

Das hat politische Aspekte, das hat philosophische Aspekte, es hat gesundheitlicher Aspekte. Also es ist ein sehr vielseitiges Thema, was uns ja im Moment auch im Alltag ständig begegnet und man sich damit auseinandersetzt. Ich finde das eine sehr interessante Zeit in der Beziehung und im Moment werden wir ja wirklich auch bisschen dahin geschoben, dass wir uns damit auseinandersetzen müssen und dass es da Veränderungen geben muss.

Das wäre, glaube ich, so was, was mich interessieren würde.

Christoph Luchs: Kurz vor Weihnachten strahlen wir diese Folge aus und dort ist natürlich auch immer wieder die Frage: Gibt es so wie Buchtipps? Hast Du Tipps? Hast Du Geschenk-Tipps für jemanden, der sich umguckt und sagt: „Hm, ich muss jemandem etwas schenken und ich weiß, dass die gerne lesen, aber ich lese so selten und ich lese lieber Magazine oder ich lese lieber online.“

Gibt es da irgendwelche Tipps, wo Du sagst, das sollte man sich mal genauer angucken? Aber vielleicht auch, und das wäre die zweite Frage: Gibt es einen Tipp von dir, wenn man sich mit diesem Thema Buchgestaltung näher beschäftigen möchte oder jetzt noch vielleicht in den Anfängen steht? Oder vielleicht auch als Quereinstieg? Ich sage mal 20 Jahre Webdesign und jetzt kommt nun, dass vielleicht doch das Buch auch mal interessant sein könnte.

Also wie kann man sich gestalterisch an das Buch annähern?

Julia Walch: Also ich würde einen Verlag empfehlen, nämlich den Hermann Schmidt Verlag in Mainz, der zu all diesen Themenbereichen Bücher herausgebracht hat, heraus bringt, der der Philosophie folgt, dass das Buch nicht unbedingt zu einem bestimmten Termin da sein muss, sondern es ist wichtig, dass der Inhalt gut bearbeitet ist, dass es gut umgesetzt ist und die immer wieder sehr interessante und zeitgemäße, aber auch klassische Bücher in ihrem Programm haben.

Das wäre so das erste, glaube ich, wo ich nachgucken würde, weil es da sowohl Bücher für Profis als auch sehr gut gemachte Bücher für Laien gibt.

Und bei Büchern, die ich empfehlen würde, könnte ich vielleicht zwei nennen. Eins was ich Anfang diesen Jahres gelesen habe, und zwar von Sy Montgomery „Rendezvous mit einem Oktopus“, erschienen beim Diogenes Verlag. Ein ganz sensibles Buch, hoch spannend geschrieben. Sie schreibt das in der Ich-Form. Sie ist Journalistin und hat sich viel mit Biologie beschäftigt und beschreibt eben ihre Begegnungen und Erfahrungen mit einem Oktopus. Es ist also eine Mischung aus einem Sachbuch, weil es sehr gut recherchiert ist. Sie hat sich mit vielen Fachleuten getroffen und die auch immer mit einbezogen. Aber auch eine sehr, sehr persönliche Geschichte, was sie da alles erlebt hat, was das für tolle Wesen sind, wie sie sich verändern können, dass sie riesengroß sein können, aber mit ihrem großen Körper eben auch durch die Öffnung in der Größe einer Apfelsine passen. Und sie schreibt das sehr berührend. Also es ist ein ganz tolles Buch.

Und ein Autor, den ich sehr gerne lese, das ist der Ian McEwan, der viele Bücher schreibt, die meistens auf zwei Ebenen laufen, eine sehr persönliche, also nicht er als Person, sondern eine fiktive Person, und die aber auch immer einen Zeitbezug haben. Also mir fällt da ein, „Die Kakerlake“, da geht es um die Brexit Geschichte, das ist fast schwarzer Humor, könnte man sagen, in dem das beschrieben ist.

Oder eines der letzten Bücher, was ich gerade lese ist das neueste von ihm geschriebene, auch ein Buch, was einen politischen Bezug hat, und zwar von einem Jungen, der 1947 in Libyen geboren wird und dann ins Internat nach England geschickt worden ist. Und diese ganze Geschichte, die er erlebt, also eine aktuelle zeitbezogene Geschichte bis zum heutigen Zeitpunkt.

Aber eigentlich kann ich sagen, egal welches Buch von ihm, ich lese sie alle, weil es immer sehr bereichernd und auch spannend ist.

Christoph Luchs: Ja, hast Du noch einen persönlichen Wunsch oder hast Du abschließend zum Podcast einen persönlichen Wunsch? Welche Möglichkeiten der Buchgestaltung eingeräumt werden sollten? Von Verlegern, von Verlagen, von Menschen, die auch Bücher kaufen? Gibt es da etwas, was Du loswerden willst?

Julia Walch: Ja. Ich würde mir wünschen, dass in den Verlagen mehr Menschen nicht nur aufs Geld schauen. Und dadurch ergibt sich, glaube ich, alles andere von Möglichkeiten, auch mal was Besonderes zu machen oder etwas abseits vom Wege oder etwas größer zu denken, mal was zu wagen. Das wäre, glaube ich, so der Wunsch, den ich für die Zukunft hätte in der Richtung.

Christoph Luchs: Prima. Danke, dass Du da warst, Julia.

Julia Walch: Vielen Dank. Es war ein sehr vielseitiges Gespräch. Es hat mir großen Spaß gemacht.

[Musik]

Christoph Luchs: Und wenn ihr Fragen oder Anregungen habt, dann besucht unsere Website „Designerklaerer.de“ oder folgt uns auf Instagram oder LinkedIn. Die Transkriptionen, aber auch die Hinweise zu den Büchern in dieser Podcastfolge findet ihr ebenso auf der Webseite.

Viel Vergnügen!

Share